Sich über einen Bürgergeld-Bescheid des Jobcenters zu ärgern, reicht nicht aus. Man muss schon aktiv werden. Sollte die Widerspruchsfrist von einem Monat bereits verstrichen sein, sind Hopfen und Malz nicht verloren. Dann besteht noch die Option, es mit einem Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zu versuchen. Die Frist hierfür ist etwas großzügiger bemessen: Sie beträgt beim Bürgergeld ein Jahr. Der Antrag selbst gilt rückwirkend bis zum Januar des Vorjahres.
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Zweite Chance nach verpasster Widerspruchsfrist
Dass Bescheide vom Jobcenter fehlerhaft sind, ist leider keine Seltenheit. Streit darüber, ob und in welcher Höhe Leistungen zustehen, gehört längst zur Tagesordnung. In einem ersten Schritt sollte man stets Widerspruch einlegen und gegebenenfalls vor dem Sozialgericht klagen, wenn anders keine Lösung zu erzielen ist. Übersieht man jedoch, dass sich ein Fehler eingeschlichen hat, dann bleibt nur der Überprüfungsantrag. Etwa, wenn die Widerspruchsfrist abgelaufen und der Bescheid unanfechtbar geworden ist.
Bürgergeld-Bescheid: Fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung verlängert Widerspruchsfrist
Warum der 31. Dezember der entscheidende Stichtag ist
Die Zeit drängt: Am 31.12.2025 läuft die Frist für einen Bürgergeld-Überprüfungsantrag ab, der sich auf Leistungen aus dem Jahr 2024 bezieht. Ein Antrag, der noch in den nächsten Tagen und spätestens bis Silvester beim Jobcenter eingeht, wirkt rückwirkend bis zum Januar 2024.
Geht das Schreiben erst am 01.01.2026 ein, ist es für das gesamte Jahr 2024 zu spät. In diesem Fall können Leistungen nur noch rückwirkend ab dem 01.01.2025 überprüft und gegebenenfalls nachgezahlt werden. Wer also vermutet, im letzten Jahr zu wenig Geld erhalten zu haben, muss jetzt handeln.
Typische Fehler: Miete und Mehrbedarfe
Beispiele dafür, wann ein Überprüfungsantrag für Bürgergeld-Bedürftige sinnvoll ist, gibt es viele. Grundsätzlich geht es um Leistungen, die Betroffenen vom Gesetz her zustehen, vom Jobcenter aber nicht bewilligt wurden. Das gilt etwa für folgende Aspekte:
- Unterkunftskosten (KdU): Viele Jobcenter übernehmen nur einen Teil der Wohnkosten, weil sie darauf pochen, dass die Wohnung nicht angemessen sei – arbeiten aber mit veralteten Werten.
- Mehrbedarf: Viele Bürgergeld Bedürftige haben Anspruch auf einen sogenannten Mehrbedarf, etwa einen Zuschuss für Strom (wenn Warmwasser dezentral erzeugt wird) oder Mehrbedarf bei Schwangerschaft. Das wird vom Jobcenter allerdings gerne vergessen oder übersehen.
So muss der Antrag aussehen
Betroffene müssen den Überprüfungsantrag nicht zwingend persönlich einreichen. Er kann auch durch Bevollmächtigte oder Beratungsstellen gestellt werden. Der Antrag ist formfrei, sollte aus Beweisgründen aber immer schriftlich oder digital erfolgen.
Wichtig: Der Antrag muss bis Silvester beim Jobcenter eingegangen sein. Da die Postlaufzeiten über die Feiertage oft länger sind, ist ein normaler Brief jetzt riskant. Wer auf Nummer sicher gehen will, nutzt einen dieser Wege:
- Online über jobcenter.digital: Der Antrag kann direkt über das offizielle Portal hochgeladen werden. Das System bestätigt den Eingang in der Regel sofort digital.
- Fax mit Sendebericht: Dies gilt als sicherer Nachweis für den rechtzeitigen Eingang.
- Hausbriefkasten des Jobcenters: Wer den Antrag persönlich einwirft, sollte dies idealerweise im Beisein eines Zeugen tun.
Ein pauschales Schreiben wie „Bitte prüfen Sie alle Bescheide der letzten Jahre“, reicht übrigens nicht aus. Das Jobcenter ist nicht verpflichtet, die Akten ohne konkreten Verdacht zu durchforsten. In solchen Fällen darf es sich auf die Bestandskraft der alten Entscheidungen berufen und den Antrag ohne inhaltliche Prüfung ablehnen oder zunächst eine Konkretisierung verlangen.
Im Antrag muss klar erkennbar sein, welcher Bescheid (mit Datum) überprüft werden soll, welcher Zeitraum betroffen ist und worin der vermutete Fehler liegt – zum Beispiel zu niedrig berücksichtigte Miete oder fehlende Mehrbedarfe.
Muster-Vorlage
Ein kurzer, konkreter Text reicht aus, etwa:
Ich beantrage die Überprüfung des Bescheids vom 15.02.2024 für den Zeitraum März bis August 2024, weil die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht vollständig berücksichtigt wurden.
Das Risiko: Wenn die Prüfung nach hinten losgeht
In dem Zusammenhang muss man sich bewusst sein: Die Überprüfung bezieht sich nicht nur auf den einen Punkt, den der Betroffene in seinem Antrag anspricht. Das Jobcenter kann den Bescheid im beantragten Umfang insgesamt neu berechnen. Tauchen dabei Fehler zu Ungunsten von Bürgergeld-Beziehern auf, kann der Überprüfungsantrag auch nach hinten losgehen und sich nachteilig auswirken. Dann drohen Aufhebungs- und Erstattungsbescheide, also Rückforderungen.
Bestenfalls wird die bisher nicht bewilligte Leistung nachträglich bewilligt und nachgezahlt. Wer unsicher ist, ob sich ein Überprüfungsantrag lohnt oder ob ein Risiko einer Verschlechterung besteht, sollte vorher eine Beratungsstelle oder einen fachkundigen Rechtsbeistand einschalten.

