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Bürgergeld: Jobcenter zahlt Brillenreparatur als Sonderbedarf

Brillengläser springen, Bügel verbiegen sich und beim Optiker wird es schnell teuer – Brillenträger kennen das Problem nur zu gut. Wer Bürgergeld nach dem SGB II bezieht, kann sich die Reparaturkosten für eine Brille in der Regel vom Jobcenter erstatten lassen. Denn eine Brille gilt als therapeutisches Gerät, wie das Bundessozialgericht bereits in seinem Urteil B 14 AS 4/17 R vom 25.10.2017 bestätigt hat – die Rechtslage gilt auch 2025 beim Bürgergeld unverändert, weil § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II weiterhin Reparaturen therapeutischer Geräte erfasst. Für 2026 gilt das ebenso, solange der Gesetzgeber diese Regel bei der Grundsicherung nicht ändert.

Brille als therapeutisches Gerät: Sonderbedarf nutzen

Da eine Brille als therapeutisches Gerät gilt, sind ihre Reparaturen nicht im Bürgergeld-Regelsatz enthalten. In solchen Fällen greift § 24 Abs. 3 Nr. 3 SGB II: Dieser Paragraf eröffnet einen Sonderbedarf, der die Kosten übernimmt, wenn ein therapeutisches Gerät – also die Brille – instandgesetzt werden muss.

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Reparatur oder Neuanschaffung? Was das Jobcenter zahlt

Der zusätzliche Bedarf deckt ausschließlich echte Reparaturen ab – etwa den Ersatz eines durch Unfall oder Beschädigung defekten Glases oder das Richten eines verbogenen Gestells. Das Jobcenter übernimmt dabei in der Regel nur die medizinisch notwendige Reparatur. Komfort-Extras (z. B. Entspiegelung oder Sonderausführungen) werden meist nur übernommen, wenn sie medizinisch begründet werden. Das entspricht auch den Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 24 SGB II – dort wird die Reparatur einer Brille ausdrücklich als Beispiel für die Reparatur eines therapeutischen Geräts genannt (Rz 24.24 und 24.25, Stand 01.07.2023).

Auch wer aktuell kein Bürgergeld bezieht, kann die Kostenübernahme beantragen. Entscheidend ist, ob man für diese Reparatur (im Monat der Antragstellung) hilfebedürftig ist und die Voraussetzungen für eine Sonderleistung erfüllt.

Wichtig: Erfolgt der Austausch eines oder beider Gläser allein wegen einer veränderten Sehstärke, handelt es sich rechtlich um eine Neuanschaffung. Geht die Brille verloren oder ist sie irreparabel beschädigt, liegt ebenfalls eine Neuanschaffung vor (BSG, Urteil vom 18.07.2019 – B 8 SO 13/18 R).

Ist die Reparatur unwirtschaftlich – also im Verhältnis zum Nutzen oder zur möglichen Neuanschaffung zu teuer – wird häufig geprüft, ob nicht ohnehin Gewährleistung oder Kulanz greifen. Wenn das ausscheidet und am Ende faktisch nur die Neuanschaffung bleibt, kommt je nach Situation statt eines Zuschusses eher ein Darlehen in Betracht.

Bei Ersatzbeschaffung (Neuanschaffung) gibt es grundsätzlich keinen Zuschuss nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II – der Sonderbedarf greift nur bei Reparaturen. Je nach Fall bleiben dann Krankenkasse oder der Regelsatz. Ist eine neue Brille dringend erforderlich und anders nicht finanzierbar, kann das Jobcenter im Einzelfall ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II gewähren – als abweichende Erbringung für einen Bedarf, der zwar vom Regelbedarf umfasst ist, im konkreten Fall aber unabweisbar ist. Unabweisbar ist der Bedarf nur, wenn er nicht aufschiebbar ist und sonst eine akute Notlage droht – etwa weil ohne Brille Sicherheit, Wegefähigkeit oder Arbeit nicht mehr gewährleistet sind.

Mehr dazu: Darlehen beim Bürgergeld – Voraussetzungen und Rückzahlung

Wann und wie Sie den Antrag stellen müssen

Damit das Jobcenter die Reparaturkosten übernimmt, muss dem Antrag ein Kostenvoranschlag des Optikers beiliegen.

Wichtig: Die Instandsetzung sollte erst beauftragt werden, nachdem der Antrag zur Kostenübernahme samt Kostenvoranschlag beim Jobcenter eingereicht wurde – Bürgergeld wird nicht rückwirkend bewilligt.

Der Antrag kann persönlich gegen Empfangsbestätigung eingereicht, über das Online-Postfach auf jobcenter.digital übermittelt oder gefaxt werden (dabei ist das Sendeprotokoll aufzubewahren).

Spezielle Gutachter für Brillen und Sehhilfen gibt es in den Jobcentern im Regelfall nicht, eine Kopie des Kostenvoranschlags vom Optiker reicht daher meist als Nachweis aus. Fotos der beschädigten Brille müssen in der Regel nicht beigefügt werden.

Muster: Antrag auf Kostenübernahme der Brille beim Jobcenter

Das Jobcenter stellt für den Reparaturantrag kein eigenes Formular bereit, daher kann das Schreiben frei formuliert werden. Ein Antrag könnte wie folgt formuliert werden:

Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit beantrage ich die Übernahme der Reparaturkosten für meine Brille gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II. Ich verweise auf die Fachlichen Weisungen der Bundesagentur für Arbeit zu § 24 SGB II (Rz. 24.24 und 24.25, Stand 01.07.2023) sowie auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 25.10.2017 (B 14 AS 4/17 R).

Einen Kostenvoranschlag des Optikers lege ich bei.

Da ich ohne Sehhilfe im Alltag und bei meinen Bemühungen um Arbeitsaufnahme erheblich eingeschränkt bin, bitte ich um zügige Bearbeitung meines Antrags.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Hinweis: Rein vom Gesetz her hat das Jobcenter bis zu sechs Monate Zeit, über den Antrag zu entscheiden – für eine im Alltag unverzichtbare Sehhilfe ist das natürlich wenig praktikabel. Darum kann die Reparatur in der Regel schon beauftragt werden, sobald der Antrag auf Kostenübernahme samt Kostenvoranschlag beim Jobcenter eingegangen ist, wenn dringender Bedarf besteht.

Bei dringendem Bedarf können Betroffene zusätzlich einen Vorschuss nach § 42 SGB I beantragen. Bleibt eine Entscheidung aus, kommt nach 6 Monaten eine Untätigkeitsklage nach § 88 SGG in Betracht. Bei Eilbedürftigkeit kann man sofort einen Eilantrag nach § 86b SGG beim Sozialgericht stellen – Voraussetzung ist, dass eine Eilbedürftigkeit und Anspruch glaubhaft gemacht wird.