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Arbeitspflicht beim Bürgergeld: Erste Erfolge als Argument für mehr Druck

Menschen arbeiten im Stadtpark, symbolisch für Arbeitspflicht im Bürgergeld

Nachdem im thüringischen Greiz bereits Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet wurden, zieht CDU-Landrat Ulli Schäfer in einem Interview mit Focus eine positive Zwischenbilanz. Sein Ziel: Die Pflicht soll künftig auch Bürgergeld-Bezieher erfassen.

Erste Zahlen aus Greiz

Insgesamt wurden 182 Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen. Derzeit sind noch 68 aktiv im Einsatz, 64 Teilnehmer haben inzwischen ein reguläres Arbeitsverhältnis gefunden. Bezahlt wurden lediglich 80 Cent pro Stunde als Mehraufwandsentschädigung. Schäfer spricht dennoch von einem „Sprungbrett“, das Menschen in Arbeit bringe.

Arbeitspflicht: Bürgergeld Bedürftige sollen gemustert werden

Ausweitung auf Bürgergeld-Bezieher

Der Landrat kritisiert, dass bisher nur Asylbewerber verpflichtet werden können, während für Bürgergeld-Bezieher die gesetzliche Grundlage fehlt. Aus seiner Sicht gebe es keinen Grund für diese Unterscheidung: „Mensch ist Mensch“, sagt Schäfer – egal ob Asylbewerber, Ukrainer oder Deutsche. Auch Bürgergeld-Bezieher könnten durch eine Pflicht in den Arbeitsmarkt finden.

„Ein wenig Druck“ als Motivation

Schäfer betont, dass nicht alle Betroffenen gemeint seien. Kranke, Menschen kurz vor der Rente oder Alleinerziehende mit mehreren Kindern würden ausgenommen. Für andere könne ein klarer Arbeitsalltag jedoch hilfreich sein: früh aufstehen, um 8 Uhr auf der Arbeit sein, Kontakte knüpfen. So lasse sich Isolation vermeiden und Motivation aufbauen. „Ein bisschen Druck“ könne dabei helfen, aus Passivität wieder Aktivität zu machen.

Beispiel aus der Praxis

Nach Bekanntwerden der Pläne meldete sich laut Schäfer sogar ein Bürgergeld-Bezieher von sich aus. Trotz Schwerbehinderung habe er signalisiert, gern in der Grünflächenpflege arbeiten zu wollen. Freiwilligkeit sei möglich – aber manchmal brauche es, so Schäfer, eben auch verbindliche Vorgaben.

Schwerin kassiert Arbeitspflicht wieder ein

Schwerin wurde zunächst als „erste Stadt mit Arbeitspflicht“ gehandelt – und ist anschließend zurückgerudert. Die Stadt stellte klar: Keine geltende Pflicht, es lief lediglich eine Prüfung. Im Ergebnis heißt es, eine generelle Arbeitsverpflichtung für Bürgergeld-Bezieher sei verfassungswidrig – wegen Berufsfreiheit und Verbot von Zwangsarbeit, fehlender Rechtsgrundlage auf Bundesebene sowie erheblicher Umsetzungs- und Kostenrisiken.

Kritik an der Arbeitspflicht

  • Stefan Sell (Arbeitsmarktforscher): Die Debatte um eine generelle Arbeitspflicht läuft „im luftleeren Raum“; entscheidend wären funktionierende Brücken in reguläre Jobs (Qualifizierung, geförderte Beschäftigung, Coaching). Zwang löst keine strukturellen Hürden wie Gesundheit, Sprache oder Betreuung.
  • Joachim Wolff (IAB): Hält eine Verpflichtung zur gemeinnützigen Arbeit für unangemessen; allenfalls geeignet für eine sehr kleine Gruppe, die sonst grundsätzlich nicht arbeiten will.