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Kontoauszüge beim Bürgergeld: Was das Jobcenter sehen darf & was Sie schwärzen dürfen

Nahaufnahme eines Kontoauszugs und eines grünen Textmarkers. Das Bild symbolisiert die Schwärzung und Prüfung von Kontoauszügen für den Bürgergeld-Antrag beim Jobcenter.

Das Wichtigste zur Vorlage von Kontoauszügen vorab

  • Sie müssen Kontoauszüge der letzten drei Monate vorlegen (gilt für Bürgergeld-Erstantrag und Weiterbewilligungsantrag).
  • Sensible Angaben zu Religion, Politik oder Gesundheit dürfen geschwärzt werden (Art. 9 DSGVO).
  • Beträge, Einnahmen, Buchungsdaten und Kosten der Unterkunft müssen sichtbar bleiben.
  • Das Jobcenter darf Auszüge einsehen, aber nur in seltenen Ausnahmefällen dauerhaft speichern.

Kontoauszüge für das Jobcenter sorgen bei vielen Bürgergeld-Empfängern für Unsicherheit: Welche Informationen darf die Behörde wirklich sehen – und an welcher Stelle beginnt der Schutz der Privatsphäre? Das Jobcenter verlangt die Auszüge der letzten Monate regelmäßig zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit. Doch wie tief darf die Behörde tatsächlich in Ihre Finanzen schauen und welche Daten müssen Sie offenlegen?

Dieser Leitfaden erklärt verständlich und rechtlich fundiert, welche Kontoauszüge Sie vorlegen müssen, welche Angaben Sie legal schwärzen dürfen und unter welchen Bedingungen das Jobcenter Daten speichern darf.

Warum will das Jobcenter meine Kontoauszüge sehen?

Wer Bürgergeld beantragt (oder auch einen Weiterbewilligungsantrag stellt), hat nach § 60 SGB I eine Mitwirkungspflicht. Dazu gehört, finanzielle Verhältnisse transparent darzustellen: Kontoauszüge dienen dem Jobcenter dazu, die tatsächliche Hilfebedürftigkeit zu überprüfen.

Was genau wird geprüft?

Kontoauszüge geben Auskunft über finanzielle Aktivitäten, die für die Leistungsberechnung relevant sind. Das Jobcenter achtet insbesondere auf:

  • Einnahmen, wie Lohn, Kindergeld, Unterhalt, Renten oder private Zuwendungen
  • Vermögensbewegungen, die Rücklagen, Schenkungen oder nicht angegebene Einkünfte erkennen lassen
  • Unregelmäßige Zahlungen, etwa Unterstützung durch Dritte, die auf eine Bedarfsgemeinschaft oder zusätzliche Einnahmequellen hinweisen könnten

Diese Prüfung „leuchtet“ nicht das gesamte Privatleben aus, sondern dient ausschließlich der Feststellung des Leistungsanspruchs.

Für welchen Zeitraum muss ich Kontoauszüge vorlegen?

Üblicherweise verlangt das Jobcenter Kontoauszüge der letzten drei Monate. In bestimmten Konstellationen darf das Jobcenter auch einen längeren Zeitraum prüfen. Bei Aufstockern mit wechselnden Einkünften sowie bei selbstständigen Leistungsempfängern können Kontoauszüge der letzten sechs Monate erforderlich sein, weil die endgültige Leistungsberechnung erst nach Ablauf des Bewilligungszeitraums erfolgt.

Nur in seltenen Ausnahmefällen – etwa bei begründetem Verdacht auf sozialwidriges Verhalten, Leistungsbetrug oder erhebliche ungeklärte Zahlungseingänge – darf das Jobcenter Kontoauszüge für einen noch längeren Zeitraum verlangen.

Darf das Jobcenter meine Kontoauszüge kopieren und speichern?

Die zentrale Frage lautet: Darf das Jobcenter Kontoauszüge dauerhaft in der Akte behalten? Die Antwort ist eindeutig: Nein – nur in eng begrenzten Ausnahmefällen.

Einsichtnahme vs. Speicherung: Was ist der Unterschied?

Das Jobcenter darf Kontoauszüge einsehen, um die Hilfebedürftigkeit zu prüfen. Die Speicherung oder Ablage einer vollständigen Kopie ist aber grundsätzlich nicht erlaubt, weil Kontoauszüge besonders schutzwürdige Sozialdaten enthalten.

Erlaubt ist:

  • das kurzfristige Kopieren, wenn ein bestimmter Nachweis benötigt wird
  • die sofortige Vernichtung der Kopie nach Abschluss der Prüfung

Nicht erlaubt ist:

  • das dauerhafte Aufbewahren vollständiger Kontoauszüge „für alle Fälle“

Wann dürfen Kopien zur Akte genommen werden?

Eine Speicherung ist nur zulässig, wenn die Kopie leistungsrelevante Informationen enthält, z. B.:

  • die Höhe eines Einkommens, das angerechnet wird
  • ein Datum, das für den Bewilligungszeitraum wichtig ist
  • ein Eingang, der als Einkommen oder Einmalzahlung gewertet werden muss

Alle anderen Daten müssen geschwärzt werden oder dürfen gar nicht erst gespeichert werden.

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Muss das Jobcenter mich über mein Schwärzungsrecht informieren?

Ja. Bereits in der Aufforderung zur Vorlage der Kontoauszüge muss das Jobcenter schriftlich darauf hinweisen:

  • dass Sie bestimmte Bereiche der Kontoauszüge schwärzen dürfen
  • dass Kopien nur zur Prüfung erstellt werden
  • dass Kopien anschließend vernichtet werden müssen

Fehlt dieser Hinweis, verletzt das Jobcenter seine Informations- und Datenschutzpflichten.

Was darf ich auf den Kontoauszügen schwärzen?

Viele Antragsteller sind unsicher, ob und welche Daten geschwärzt werden dürfen. Dabei ist das Recht klar geregelt.

Welche Informationen schützt die DSGVO besonders?

Artikel 9 Absatz 1 DSGVO schützt besonders sensible Daten. Dazu gehören Hinweise auf:

  • Religion oder Weltanschauung
  • politische Meinung
  • Gewerkschaftszugehörigkeit
  • Gesundheit
  • sexuelle Orientierung
  • ethnische Herkunft

Wenn eine Buchung Rückschlüsse auf einen dieser Bereiche zulässt, dürfen entsprechende Textstellen geschwärzt werden.

Was sagen Gerichte?

Das Bundessozialgericht (Az. B 14 AS 45/07 R) hat ausdrücklich bestätigt, dass das Schwärzen sensibler Buchungstexte zulässig ist, wenn diese Rückschlüsse auf geschützte persönliche Bereiche zulassen. Das Gericht betonte zudem, dass solche sensiblen Angaben für die Leistungsberechnung nicht erforderlich sind und daher nicht offengelegt werden müssen.

Die Schwärzung der Kontoauszüge ist damit ein rechtlich anerkanntes Mittel, um Persönlichkeitsrechte wirksam zu schützen.

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Achtung: Welche Daten müssen immer sichtbar bleiben?

Folgende Angaben dürfen auf Kontoauszügen für das Jobcenter nicht geschwärzt werden:

  • alle Einnahmen (Haben-Buchungen) – Das Jobcenter muss alle Geldeingänge prüfen und nachvollziehen können.
  • der Betrag der Buchung (Ein- und Ausgänge)
  • Buchungs- und Wertstellungsdatum
  • Kosten der Unterkunft (Miete, Strom, Gas, Wasser etc.)

Der Grund: Diese Angaben sind unmittelbar leistungsrelevant.

Wie behandelt das Jobcenter PayPal-Konten und Online-Zahlungsdienste?

PayPal-Transaktionen werden vom Jobcenter wie normale Kontobewegungen behandelt. Das bedeutet: Alle Einnahmen auf Ihrem PayPal-Konto gelten als Einkommen und müssen vollständig sichtbar sein. Dazu gehören zum Beispiel Geldgeschenke, Verkäufe auf Kleinanzeigen, private Rückzahlungen oder sonstige Geldeingänge.

Ausgaben dürfen – genau wie bei einem normalen Bankkonto – geschwärzt werden, wenn sie Hinweise auf besonders geschützte Lebensbereiche nach Artikel 9 DSGVO enthalten. Die gleichen Regeln gelten also für PayPal-Buchungstexte wie für Bankkontoauszüge.

Wichtig ist: Das Jobcenter kann Sie auffordern, PayPal-Kontoauszüge, Aktivitätslisten oder Transaktionsübersichten vorzulegen, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass dort relevante Einnahmen eingehen. Eine pauschale Forderung ohne Anlass ist nicht zulässig, aber bei Hinweisen auf regelmäßige Geldeingänge völlig legal.

Wenn Sie PayPal nutzen, sollten Sie Einnahmen klar erkennbar lassen und nur solche Verwendungszwecke schwärzen, die unter den Schutz des Art. 9 DSGVO fallen. Der Kontostand und alle Geldeingänge müssen vollständig sichtbar bleiben.

Hinweise zur Vorlage eines PayPal-Kontos finden sich auch in der Anlage VM zum Bürgergeld Antrag bzw. Weiterbewilligungsantrag.

Anleitung: So schwärzen Sie Kontoauszüge richtig

Geschwärzt werden dürfen ausschließlich die Teile einer Buchung, die Hinweise auf besonders geschützte Lebensbereiche geben. Alle finanziellen Daten müssen lesbar bleiben.

Übersicht: Was ist auf der Ausgabenseite erlaubt?

Beispiele für zulässige Schwärzungen:

Buchungstext (Original)Zulässige SchwärzungGrund
„Mitgliedsbeitrag Partei XY“„Partei XY“politische Meinung
„Spende an Religionsgemeinschaft Z“„Religionsgemeinschaft Z“religiöse Überzeugung
„Gewerkschaftsbeitrag Name“Name der GewerkschaftGewerkschaftszugehörigkeit

Sie dürfen also nur Textteile schwärzen, nicht Beträge, Daten oder Einnahmen.

Der Mythos der 50-Euro-Grenze – warum der Betrag egal ist

Die weit verbreitete Behauptung, man dürfe Buchungen nur unterhalb eines bestimmten Betrags schwärzen, ist falsch. Es gibt keine gesetzliche 50-Euro-Grenze.

Entscheidend ist ausschließlich der Inhalt der Information, nicht deren Höhe.

Praktischer Tipp: So nutzen Sie den Kopier-Trick

Damit geschwärzte Stellen nicht sichtbar durchscheinen:

  1. Kontoauszug kopieren.
  2. Auf der Kopie die sensiblen Textstellen schwärzen.
  3. Von dieser geschwärzten Kopie eine zweite Kopie erstellen.

Diese Version ist klar lesbar und schützt Ihre Privatsphäre optimal.

FAQ: Die wichtigsten Fragen

Darf das Jobcenter jederzeit komplett ungeschwärzte Kontoauszüge verlangen?

Ungeschwärzte Kontoauszüge darf das Jobcenter nur in Ausnahmefällen verlangen. Dies ist rechtlich zulässig, wenn ein konkreter Verdacht auf Leistungsbetrug vorliegt oder wenn Sie versehentlich leistungsrelevante Einnahmen geschwärzt haben. Eine pauschale Forderung nach komplett ungeschwärzten Auszügen ist nicht erlaubt.

Welche Angaben müssen immer sichtbar bleiben?

Bestimmte Angaben müssen grundsätzlich sichtbar bleiben, da sie für die Berechnung des Bürgergeldes entscheidend sind. Dazu gehören alle Einnahmen, jeder Buchungsbetrag (egal ob Ein- oder Ausgang), das Buchungs- und Wertstellungsdatum sowie alle Kosten der Unterkunft wie Miete und Strom. Diese Informationen sind zwingend leistungsrelevant.

Welche Daten darf ich legal schwärzen?

Sie dürfen alle Textstellen schwärzen, die Rückschlüsse auf besonders geschützte Lebensbereiche nach Artikel 9 DSGVO zulassen. Dazu gehören Hinweise auf Religion, politische Einstellung, Gewerkschaftszugehörigkeit, Gesundheit, Sexualleben oder ethnische Herkunft. Geschwärzt werden dürfen allerdings nur Textteile auf der Ausgabenseite; Einnahmen dürfen nie unkenntlich gemacht werden.

Wie viele Monate Kontoauszüge muss ich vorlegen?

In der Regel müssen Kontoauszüge der letzten drei Monate eingereicht werden. Nur wenn ein nachvollziehbarer Verdacht auf nicht angegebene Einnahmen besteht, kann das Jobcenter einen längeren Zeitraum verlangen und muss dies auch begründen.

Wie lange darf das Jobcenter Kopien meiner Kontoauszüge speichern?

Das Jobcenter darf Kontoauszüge einsehen, aber grundsätzlich nicht dauerhaft speichern. Kopien dürfen hergestellt werden, wenn ein bestimmter Nachweis für die Leistungsprüfung benötigt wird. Diese Kopien müssen anschließend vernichtet werden, es sei denn, sie enthalten leistungsrelevante Informationen wie die genaue Höhe eines Einkommens.

Darf ich Zahlungen an Netflix, Fitnessstudio oder Online-Shops schwärzen?

Solche Zahlungen dürfen nicht geschwärzt werden, da sie nicht zu den gesetzlich geschützten Kategorien nach Artikel 9 DSGVO gehören. Sie gelten weder als religiöse noch politische oder gesundheitliche Informationen und müssen deshalb vollständig erkennbar bleiben.

Drohen mir Sanktionen, wenn ich zu viel geschwärzt habe?

Wenn Sie mehr geschwärzt haben, als erlaubt ist, fordert das Jobcenter in der Regel die betreffenden Stellen erneut an. Es handelt sich nicht um ein Fehlverhalten, sondern führt lediglich zu einer Bitte um Nachreichung. Solange Sie kooperieren und die notwendigen Daten nachreichen, drohen keine Sanktionen.

Fazit

Kontoauszüge sind ein notwendiger Bestandteil der Leistungsprüfung beim Bürgergeld. Gleichzeitig schützt der Datenschutz Ihre Privatsphäre umfassend. Sie dürfen alle Informationen schwärzen, die Hinweise auf besonders geschützte Lebensbereiche geben, solange Beträge, Daten und Einnahmen vollständig erkennbar bleiben. Wer diese Regeln kennt, kann Kontoauszüge sicher einreichen, ohne mehr preiszugeben als nötig – und erfüllt dennoch alle Mitwirkungspflichten gegenüber dem Jobcenter.