Noch nie war der Schritt in den Ruhestand so kompliziert wie heute. Reformen heben das Regelrenteneintrittsalter stufenweise an, während die ausgezahlten Renten – real betrachtet – kaum noch wachsen. Das belegt der Sozialbericht der Bundeszentrale für politische Bildung ebenso wie die Zahlen der Deutschen Rentenversicherung.
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Neue Normalität: Ruhestand mit 67
Seit 2012 klettert die Regelaltersgrenze jedes Jahr ein Stück höher. Wer 1958 geboren wurde, erreicht die abschlagsfreie Rente jetzt erst mit 66 Jahren, ab Jahrgang 1964 gilt 67 Jahre als neues Normal – endgültig ab 2031.
Faktisches Rentenalter: 64,4 Jahre
DRV-Statistik: Von den neu bewilligten Altersrenten wurden 57,9 Prozent vor Erreichen der persönlichen Regelaltersgrenze in Anspruch genommen. Bei 27,8 Prozent aller neuen Altersrenten fielen dabei Abschläge an, weil der Rentenbeginn bei diesen Fällen im Schnitt 32 Monate vor der Regelaltersgrenze lag. Folglich betrug das tatsächliche Renteneintrittsalter 64,4 Jahre. (Quelle: Rentenversicherung in Zeitreihen, Berichtsjahr 2023)
Jeder vorgezogene Monat kostet 0,3 Prozent Abschlag – lebenslang.
Real sinkende Renten
Nominal steigen die Renten durchaus: Laut Rentenatlas legte die Standardrente (45 Beitragsjahre, Durchschnittsverdienst) 2024 um 4,57 Prozent auf 1.769 Euro brutto zu. Und über zehn Jahre betrachtet erhöhten sich die durchschnittlichen Altersrenten um rund 37 Prozent. Doch drei Faktoren dämpfen die Kaufkraft:
3,74 Prozent mehr Rente ab Juli 2025
- Inflation: Die Verbraucherpreise legten 2022 um 6,9 Prozent und 2023 um 5,9 Prozent zu, selbst die moderate Inflationsrate von 2,2 Prozent im Jahr 2024 verringert das Rentenplus spürbar.
- Abschläge für Frührente: Bis zu 14,4 Prozent Kürzung bei Rentenbeginn mit 63 (0,3 Prozent pro vorgezogenem Monat) wirken jahrzehntelang nach, selbst wenn diese Option für neuere Jahrgänge nur noch bei mindestens 35 Versicherungsjahren offensteht.
- Niedriges Rentenniveau: Die gesetzlich fixierte Haltelinie garantiert lediglich ein Sicherungsniveau von 48 Prozent des durchschnittlichen Nettolohns – 2001 lag diese Quote noch bei über 53 Prozent.
Im Ergebnis erhielt ein Neu-Rentner 2023 im Schnitt 1.099 Euro brutto pro Monat (Männer 1.346 Euro, Frauen 903 Euro). Nach Steuern und Krankenversicherung bleibt vielen deutlich weniger als das Äquivalent des aktuellen Bürgergeld-Regelsatzes plus Miete.
Unterm Strich bleibt vielen Neurentnern heute real weniger übrig als vor zehn Jahren – trotz nominal höherer Beträge.
Was belastet die Rente?
- Beitragslücken: Teilzeit, Pflege- und Minijobphasen senken Entgeltpunkte.
- Abschläge: Vorzeitiger Rentenbeginn bleibt verbreitet.
- Demografie: Mit den Baby-Boomern (Jahrgänge 1959–1967) steigt die Zahl der Rentenbezieher, während die der Beitragszahler stagniert.
Negativer Trend
Immer länger arbeiten – und dennoch real weniger Rente: Das ist der Trend, den Statistiken und Berichte für die kommenden Jahre zeichnen. Die richtige Weichenstellung der Politik und private Vorsorge können diese Entwicklung möglicherweise abfedern. Geschieht das nicht, wächst das Risiko, dass ein beträchtlicher Teil der künftigen Rentner trotz jahrzehntelanger Arbeit nur knapp über das Existenzminimum hinauskommt.
Weitere Quellen: Sozialbericht der Bundeszentrale für politische Bildung