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Unterhaltsvorschuss: Milliarden-Unterhalt auf Kosten der Steuerzahler

Schild mit Bundesadler des Familienministeriums

Wer keinen Unterhalt für sein Kind zahlt, belastet am Ende die Steuerzahler – und das in Milliardenhöhe. Im Jahr 2024 überwies der Staat für den Unterhaltsvorschuss rund 3,238 Mrd. € an Alleinerziehende – zurückholen konnten die Behörden davon nur etwa 545 Mio. €. Das entspricht einer Rückzahlungsquote von mageren 16,8 %. Der große Rest blieb am Ende an der Allgemeinheit hängen. Anders gesagt: Nur rund jeder sechste Euro kam wieder rein.

Was ist Unterhaltsvorschuss und wer bekommt ihn?

Der Unterhaltsvorschuss springt ein, wenn der andere Elternteil keinen oder zu wenig Unterhalt zahlt. Anspruch haben Kinder bis zum 18. Geburtstag, die bei einem Elternteil leben. Ab dem 12. Lebensjahr gilt zusätzlich: Es gibt nur Geld, wenn kein Bürgergeld bezogen wird, durch den Unterhaltsvorschuss Bürgergeld vermieden werden kann oder der alleinerziehende Elternteil im Bürgergeld-Bezug mindestens 600 Euro brutto verdient.

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Wie hoch ist der Unterhaltsvorschuss 2025?

Die Höhe des Unterhaltsvorschusses orientiert sich am gesetzlichen Mindestunterhalt abzüglich Kindergeld. Seit 1. Januar 2025 gelten folgende Monatsbeträge (nach Anrechnung von Kindergeld):

Alter des Kindes20242025
0 – 5 Jahre230 €227 €
6 – 11 Jahre301 €299 €
12 – 17 Jahre395 €394 €

Warum der Staat nur wenig Geld zurückbekommt

Dass beim Unterhaltsvorschuss am Ende nur ein Bruchteil der ausgezahlten Milliarden wieder in die Staatskasse zurückfließt, hat mehrere klare Ursachen. Die wohl wichtigste: Viele Unterhaltsschuldner gelten offiziell als nicht zahlungsfähig. Maßstab ist dabei der sogenannte Selbstbehalt – der Betrag, der dem Schuldner zum eigenen Lebensunterhalt bleiben muss. Für erwerbstätige Unterhaltspflichtige liegt der Eigenbedarf seit 2025 bei 1.450 € (1.370 € in 2024), für Nichterwerbstätige bei 1.200 € (1.125 € im Vorjahr).

Die Kinder leiden am meisten, wenn Väter sich entziehen

Wolfgang Büscher, Sprecher der Arche, bei WELT TV.

Das zweite große Hindernis bei der Eintreibung von Unterhaltsvorschuss sind die Pfändungsfreigrenzen. Seit dem 1. Juli 2025 liegt der Grundfreibetrag bei 1.555 € pro Monat (1.492 € bis 30. Juni 2025). Für Unterhaltspflichten kommen zusätzlich 585 € (561 € im Vorjahr) für die erste unterhaltsberechtigte Person und 326 € (309 € im Vorjahr) für jede weitere bis zur fünften hinzu.

P-Konto Freibetrag: Mindestens 1.560 € vor Pfändung geschützt

Beispiel: So schnell liegt das Existenzminimum bei 2.500 €

In der Praxis bedeutet das: Wer eine neue Familie gründet, kann durch die zusätzlichen Freibeträge schnell so hohe Pfändungsgrenzen erreichen, dass für das erste Kind kein Cent Unterhalt gezahlt werden kann. Hat ein Unterhaltsschuldner eine neue Partnerin und mit ihr ein weiteres Kind, erhöht sich der Pfändungsfreibetrag um 585 € für die Partnerin und 326 € für das gemeinsame Kind. Zusammen mit dem Grundfreibetrag von 1.555 € liegt das Existenzminimum in diesem Fall bereits bei fast 2.500 €. Verdient der Schuldner weniger, darf vom Einkommen nichts für den Unterhaltsvorschuss gepfändet werden – selbst wenn für ein Kind aus einer früheren Beziehung kein Unterhalt gezahlt wird.

Zwar erlaubt § 850d ZPO, diese Grenzen bei Unterhaltsschulden zu senken – die sogenannte „strenge Pfändung“ -, doch auch dann muss das gesetzliche Existenzminimum gewahrt bleiben. In der Praxis bedeutet das: Wer wenig verdient oder nur ein geringes pfändbares Einkommen hat, kann kaum oder gar nicht belangt werden.

Hinzu kommen formale Hürden, die in der amtlichen UVG-Statistik detailliert erfasst werden. Dazu gehören Fälle, in denen gar kein Anspruch auf den anderen Elternteil übergeht – etwa weil die rechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind, das Einkommen zu niedrig ist, Sozialleistungen wie Bürgergeld bezogen werden oder eine ungeklärte Vaterschaft vorliegt. Auch unbekannter Aufenthalt oder Ausland machen die Vollstreckung oft unmöglich. Selbst laufende Prüfverfahren können dafür sorgen, dass über Monate oder Jahre kein einziger Euro zurückfließt.

Das Ergebnis: Von den Milliarden an Unterhaltsvorschuss bleibt ein Großteil endgültig beim Steuerzahler hängen. Am Ende müssen also alle über ihre Steuern für den Unterhalt aufkommen, den eigentlich die Eltern selbst zahlen müssten, es aber nicht können oder nicht wollen.

Härteres Vorgehen gegen Unterhaltsschuldner geplant

Politisch ist das Problem längst erkannt: Seit Jahren steigt der Unterhaltsvorschuss, die Rückzahlung stagniert. Jetzt will die Koalition aus CDU/CSU und SPD gegensteuern – mit einem Maßnahmenpaket, das säumige Eltern stärker in die Pflicht nehmen soll. Im Koalitionsvertrag ist u.a. vermerkt: Dazu gehören härtere Strafen bis hin zum Führerscheinentzug nach Vorbild anderer Länder, unterjährige Auskunftspflichten, mit denen Jugendämter mehrfach im Jahr aktuelle Einkommens- und Vermögensverhältnisse prüfen können, sowie strengere Prüfverfahren insgesamt.

Ein weitere Punkt ist die Überprüfung der Pfändungsfreigrenzen speziell für Unterhaltsschulden. Damit soll erreicht werden, dass säumige Unterhaltspflichtige künftig auch dann zahlen müssen, wenn sie bisher knapp über dem Existenzminimum liegen. Das könnte bedeuten, dass der pfändungsfreie Betrag für Unterhaltsschuldner gesetzlich gesenkt wird, sodass mehr vom Einkommen für die Rückzahlung des Unterhaltsvorschusses genutzt werden kann. Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Einziehungsquote deutlich zu steigern und die Steuerzahler zu entlasten.