Ehrlich währt doch am längsten. Wer dem Jobcenter Vermögen, im zugrunde liegenden Fall eine Lebensversicherung, verheimlicht, muss damit rechnen, dass die ausgezahlten Leistungen zurückgefordert werden. Diese Forderung kann dann auch deutlich über dem Wert der Versicherung liegen. Das bestätigte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen in einem Fall, bei dem eine Frau rund 14.000 Euro Bürgergeld an das Jobcenter zurückzahlen musste.
Vermögen blieb unerwähnt
Die Frau hatte bereits 2013 einen Antrag beim Jobcenter gestellt. Gleich zwei Kapitallebensversicherungen mit einem Gesamtwert von etwa 13.500 Euro ließ sie dabei unerwähnt, ebenso in den Folgeanträgen. Das fiel aber erst Jahre später – im Jahr 2019 – auf, als der Mann die Hälfte der gezahlten Versicherungsleistungen für sich beanspruchte. Der Aussage, sie habe nicht von den Policen gewusst, glaubten der Frau weder das Jobcenter noch die Gerichte, da sie regelmäßig Wertmitteilungen erhalten habe.
Sind meine Ersparnisse mit dem Bürgergeld weg?
Daraufhin forderte der Leistungsträger von der Bürgergeld-Bedürftigen knapp 14.000 Euro zurück. Weil die Versicherungen den damaligen Freibetrag von 9.600 Euro überschritten hatte, sei die Frau nicht hilfebedürftig gewesen und habe über ein Jahr Leistungen bezogen, obwohl sie keinen Anspruch darauf hatte.
Aktuell: In 2025 beträgt der Vermögensfreibetrag 15.000 Euro. Im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezugs, während der sogenannten Karenzzeit, liegt das Schonvermögen sogar bei 40.000 Euro.
Vermögen erst aufbrauchen
Gegen die Rückforderung zog die Bürgergeld-Empfängerin vor Gericht. Sie machte geltend, dass der Freibetrag nicht berücksichtigt worden sei und daher nur 4.000 Euro zurückgefordert werden dürften. Das Sozialgericht Lüneburg (S 30 AS 324/20) widersprach diesem Wunsch ebenso wie das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L 11 AS 221/22).
Die Begründung: Übersteigt das verwertbare Vermögen die Freigrenze, muss es erst komplett verwertet werden. Oder anders ausgedrückt: Ein die Freibeträge übersteigendes Vermögen ist solange auf den Leistungsanspruch anzurechnen, bis es tatsächlich verbraucht ist. Erst danach bestehe ein Anrecht auf staatliche Leistungen. Gebe man wenig aus, lebe man länger von der Versicherung – da nicht von einem fiktiven Verbrauch ausgegangen werde.
Frau hätte Geld zum Leben
Die Richter des LSG machten in ihrem Urteil unmissverständlich klar, dass die Frau zu jedem Zeitpunkt des streitbefangenen Zeitraums von 1. Juni 2018 bis zum 10. Juli 2019 „ihren grundsicherungsrechtlichen Bedarf (…) jeweils für den gesamten Monat aus dem vorhandenen Vermögen bestreiten“ hätte können. Deshalb laufe der Hinweis auf die Vermögensanrechnung nur auf den Betrag oberhalb der Freigrenze ins Leere. Auch ein Vertrauensschutz bestehe nicht, da schon beim Antrag die Versicherungen verschwiegen worden waren.
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Keine Verjährung wegen Täuschung
Bereits das Bundessozialgericht stellte in seinem Urteil B 14 AS 15/17 R (25. April 2018) klar: Wer dem Jobcenter Vermögen verschweigt, muss die erhaltenen Leistungen in voller Höhe zurückzahlen – unabhängig davon, ob der zu erstattende Betrag den ursprünglichen Vermögenswert übersteigt. Auch der Hinweis auf mögliche Härten, die durch eine Rückforderung entstehen könnten, ändert nichts an der Rechtmäßigkeit der Rücknahme der Bewilligung.
Das Gericht machte deutlich, dass Leistungsbezieher, die Vermögen oberhalb der Freibeträge verschweigen, keinerlei Vertrauensschutz genießen. Selbst wenn die Täuschung erst Jahre später aufgedeckt wird, bleibt die Rückforderung in voller Höhe bestehen.