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Einigung: Bürgergeld wird Neue Grundsicherung – Totalsanktionen nach drittem Fehltermin

Illustration: Hammer zerschmettert "Bürgergeld", symbolisch für Neue Grundsicherung

Die schwarz-rote Koalition hat sich in der Nacht auf Donnerstag auf eine Reform geeinigt. Das Bürgergeld wird abgeschafft und durch eine neue Grundsicherung ersetzt. Als erstes berichtete der Liveblog der Süddeutschen Zeitung am frühen Morgen über die beschlossenen Eckpunkte.

Was politisch entschieden wurde

Kern der Einigung ist ein deutlicher Kurswechsel hin zu mehr Pflichten und spürbaren Sanktionen. Bei drei versäumten Terminen im Jobcenter sollen die Leistungen vollständig gestrichen werden. Bereits beim ersten Verstoß gegen Mitwirkungspflichten greift eine Kürzung um 30 Prozent für drei Monate. Das bestätigten Kanzler Merz und Arbeitsministerin Bas in der Pressekonferenz. Auch die Kosten der Unterkunft können bei anhaltender Verweigerung entfallen.

Tschüss Bürgergeld – Rückkehr zur Härte bei der Grundsicherung

Die Karenzzeit bei der Vermögensprüfung fällt weg. Vermögen wird wieder von Anfang an geprüft. Geplant ist ein altersabhängiges Schonvermögen. Details zur Staffel nennt die Koalition noch nicht, sie sollen mit dem Gesetzestext kommen. Damit rückt das System zurück zu einer strengeren Bedürftigkeitsprüfung.

Der Vermittlungsvorrang wird wieder Standard. Qualifizierung soll es vorrangig geben, wenn sie nachweislich die Chancen verbessert. Besonders im Fokus stehen Unter-30-Jährige. Zugleich will die Koalition Maßnahmen gegen Schwarzarbeit und Leistungsbetrug verschärfen.

Was das konkret für Bürgergeld-Empfänger bedeutet

  • Schnellere und härtere Sanktionen: Das Stufenmodell wird verdichtet. Schon der erste Pflichtverstoß kostet 30 Prozent für drei Monate. Wer dreimal Termine schwänzt, landet bei null. Ausnahmen bei Krankheit oder anderen wichtigen Gründen bleiben möglich, die Schwelle für den Nachweis dürfte aber steigen. Das erhöht den Druck, Einladungen wahrzunehmen und Auflagen einzuhalten.
  • Wohnkosten unter Vorbehalt: Künftig ist vorgesehen, dass Miete und Heizung im Sanktionsfall zunächst direkt an Vermieter fließen. Bei weiterer Verweigerung können diese Leistungen eingestellt werden. Das soll Wohnungsverlust verhindern, setzt aber klare Mitwirkung voraus. Frühzeitige Rückmeldung bei Problemen wird wichtiger.
  • Vermögen zählt wieder von Anfang an: Ohne Karenzzeit werden Neu-Anträge häufiger Belege zu Ersparnissen und Rücklagen brauchen. Wer Erspartes hat, muss prüfen, was im altersabhängigen Schonbereich liegt und was vorher einzusetzen ist. Der exakte Schonbetrag folgt mit dem Gesetzentwurf.
  • Schneller in Arbeit: Der Vorrang der Vermittlung bedeutet, dass kurzfristige Jobs öfter vor Weiterbildung gehen. Helfertätigkeiten oder befristete Stellen können damit wahrscheinlicher werden. Qualifizierung bleibt möglich, wenn sie messbar in Arbeit führt.

Ohne Nachweis keine Bürgergeld-Kürzung – Jobcenter in der Pflicht

Vergleich: Bisher vs. Einigung

BereichBisherEinigung neue Grundsicherung
Erste PflichtverletzungKürzung ab 10 Prozent, stufenweise30 Prozent Kürzung für 3 Monate
Mehrfaches Nichterscheinengestuft bis 30 Prozentnach drei Terminen Leistung auf null, inkl. KdU möglich
Kosten der Unterkunftin der Regel weiter gezahltzunächst Direktzahlung an Vermieter, später Stopp möglich
VermögensprüfungKarenzzeit zu Beginnkeine Karenzzeit, altersabhängiges Schonvermögen
Vermittlung vs. Qualifizierungteils Vorrang für QualifizierungVermittlung hat Vorrang, Ausnahmen bei nachweislichem Nutzen

Politische Einordnung und Zeitplan

Die Koalition spricht von einem Schwenk hin zu „Fordern“ mit klaren Grenzen. In der Kommunikation heißt es, man gehe „bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist“. Das Ziel ist eine rasche Arbeitsaufnahme und weniger Dauerbezug. Kritische Stimmen von Grünen und Linken warnen vor unverhältnismäßiger Härte und rechtlichen Risiken.

Der Gesetzentwurf soll zeitnah folgen. In Kraft treten kann die Reform erst nach Bundestag und Bundesrat. Parallel hat die Koalition sich auf die Aktivrente ab 1. Januar 2026 und zusätzliche Milliarden für Verkehr geeinigt. Das Paket unterstreicht den politischen Kurswechsel und erhöht den Handlungsdruck in den kommenden Wochen.