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Bürgergeld: Jobcenter unterstellt Scheinadresse weil Mieterin zu wenig verbraucht

Eigentlich sollte man meinen, das Jobcenter freut sich, wenn die Kosten für Heizung und Trinkwasser nicht ausufern, sondern niedrig ausfallen. Doch stattdessen ließen die Verbrauchswerte das Amt hellhörig werden. Der Verdacht: Die Bürgergeld-Bedürftige wohnt gar nicht an der Adresse. Deshalb wurden die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) nicht übernommen. Dagegen klagte die Frau und bekam vor dem Sozialgericht Frankfurt/Oder Recht (S 14 AS 82/24 ER vom 25.03.2024).

Jobcenter verweigert Mietzahlung auf Verdacht

397,30 Euro beträgt die Gesamtmiete für die Wohnung der Bürgergeld-Empfängerin. Bewilligt wurden für die Zeit vom November 2023 bis April 2024 jedoch nur vorläufige Leistungen. Die Bedarfe für Unterkunft und Heizung blieben dabei außen vor. Das Jobcenter kündigte zudem an, die Ausgaben auch künftig nicht zu berücksichtigen, sondern auf das Urteil des Sozialgerichts warten zu wollen. Dieses Urteil liegt jetzt vor und verpflichtet das Amt im Rahmen einer einstweiligen Anordnung, vorläufig bis zum 30. April 2024 die Kosten zu übernehmen.

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Sparsamkeit als Indiz für eine Scheinadresse?

Die Begründung, warum die Wohnkosten nicht vom Jobcenter bezahlt wurden, ist eher ungewöhnlich. Aufgrund der „außerordentlich geringen Verbrauchswerte bei Trinkwasser, Strom und Heizung“ ging das Amt davon aus, dass die Frau nicht in der Wohnung lebt. Überdies habe die Bürgergeld-Bedürftige ihren Anspruch nicht glaubhaft gemacht. Daher seien die Kosten nicht berücksichtigungsfähig.

Sozialgericht: Nutzungsverhalten ist Privatsache

Dem widersprach das Gericht. Die Bedarfe würden in tatsächlicher Höhe anerkannt, wenn sie angemessen seien. Laut Ermittlungen des Jobcenters bezahle die Betroffene monatlich 397,30 Euro an den Vermieter. Dies sei unstrittig. Dafür, dass die Wohnung nicht von der Frau genutzt wird, gebe es indes keine Hinweise. Auch wenn der Bedarfsfeststellungsdienst keine mustergültige Wohnung vorgefunden habe, sei das Objekt dennoch bewohnbar. Nur von den Verbrauchswerten auf eine Nicht-Nutzung zu schließen, hielt das Sozialgericht für zu kurz gegriffen.

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Existenzminimum darf nicht gefährdet werden

Es komme nicht darauf an, wie häufig die Frau die Wohnung nutze, und wie das Objekt vom Jobcenter bewertet werde. Die Frau habe die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung nachgewiesen. Insofern sei „keine Rechtsgrundlage für eine Nichtberücksichtigung dieser Kosten erkennbar“. Die einstweilige Anordnung erfolge, weil die bestehende Deckungslücke der Bürgergeld Bedürftigen nicht zumutbar sei. Hinsichtlich der Zweifel des Jobcenters an der Nutzung der Wohnung verwies das Gericht darauf, dass diese Sorge auch die Frage nach dem ständigen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Behörde tangiere.