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Bürgergeld-Infos nur noch auf Deutsch – BA streicht Fremdsprachen

Mobiltelefon ruft Bundesagentur für Arbeit Seite auf vor Monitor mit BA-Seite

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) will das Bürgergeld-Merkblatt künftig nicht mehr in mehreren Fremdsprachen anbieten. Statt der bisherigen Übersetzungen in neun Sprachen sollen die kompakten Kurzinformationen nur noch auf Deutsch und in Leichter Sprache bereitgestellt werden. Lediglich die englische Web-Version soll erhalten bleiben. Die Entscheidung wurde Anfang August 2025 bestätigt und trifft auf ein gespaltenes Echo.

Sprachenvielfalt wird stark reduziert

Das bisherige Angebot umfasste Übersetzungen unter anderem in Arabisch, Bulgarisch, Französisch, Russisch, Farsi, Rumänisch, Türkisch und Ukrainisch. Neben den Merkblättern sollen bis 2026 auch fremdsprachige Ausfüllhilfen für Anträge entfallen. Die BA begründet den Schritt mit organisatorischen Gründen: Der Bedarf an Übersetzungen sei spürbar gesunken, unter anderem weil sich die Zuwanderungslage stabilisiert habe. Zudem seien viele Browser heute in der Lage, Webseiten automatisch zu übersetzen. Auch der Pflegeaufwand für mehrsprachige Dokumente sei hoch. Die Entscheidung steht damit aus Sicht der Behörde im Einklang mit dem Ziel, die deutsche Sprache als Integrationsinstrument zu stärken. Die englische Onlineversion bleibe als Ergänzung bestehen, um einen niedrigschwelligen Zugang weiterhin zu ermöglichen. Eine vollständige Sprachverdrängung sei nicht beabsichtigt.

Aktuell sind folgende Bürgergeld Informationen über die Webseite der BA abrufbar:

Ausfüllhinweise zur Beantragung von Bürgergeld (AH) – In anderen Sprachen

Sprache (deutsch)Sprache (Landessprache)Deutsche BezeichnungBeschreibung (Landessprache)
deutschDeutschAusfüllhinweise zur Beantragung von Bürgergeld (AH)Ausfüllhinweise zur Beantragung von Bürgergeld AH
ukrainischукраїнськаAusfüllhinweise zur Beantragung von Bürgergeld (AH)Інструкція щодо заповнення заяви на отримання громадянської допомоги
russischрусскийAusfüllhinweise zur Beantragung von Bürgergeld (AH)Указания по заполнению бланка заявления на получение гражданского пособия
englischEnglishAusfüllhinweise zur Beantragung von Bürgergeld (AH)Guidelines for applications for Citizen’s Benefit

Bürgergeld-Stopp für Ukrainer – Gesetzentwurf steht

Kurzinformation zum Bürgergeld – In anderen Sprachen

Sprache (deutsch)Sprache (Landessprache)Deutsche BezeichnungBeschreibung (Landessprache)
deutschDeutschKurzinformation zum BürgergeldBürgergeld – Das Wichtigste in Kürze
arabischالعربيةKurzinformation zum Bürgergeldإعانة المواطنين – أهم المعلومات بإيجاز
bulgarischбългарскиKurzinformation zum BürgergeldГраждански доход
englischEnglishKurzinformation zum BürgergeldCitizen’s benefit
französischfrançaisKurzinformation zum BürgergeldAllocation citoyenne
persisch farsiفارسیKurzinformation zum Bürgergeldپول شهروندی
rumänischromânăKurzinformation zum BürgergeldVenitul de cetățean
russischрусскийKurzinformation zum BürgergeldГражданское пособие
ukrainischукраїнськаKurzinformation zum BürgergeldГромадянська допомога
türkischTürkçeKurzinformation zum BürgergeldVatandaşlık parası

Einfach erklärt – Wichtige Begriffe

Sprache (deutsch)Sprache (Landessprache)Deutsche BezeichnungBeschreibung (Landessprache)
deutschDeutschEinfach erklärt – Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit dem BürgergeldEinfach erklärt – Infos zum Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende)
russischрусскийEinfach erklärt – Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit dem BürgergeldПросто и понятно – Важные термины в связи с гражданским пособием (базовое обеспечение для лиц, ищущих работу)
ukrainischукраїнськаEinfach erklärt – Wichtige Begriffe im Zusammenhang mit dem BürgergeldПояснення простими словами: важливі поняття, пов’язані з «громадянською допомогою

Scharfe Kritik von links

Scharfe Kritik kommt aus der Linksfraktion. Die Abgeordnete Clara Bünger warf der BA vor, vor rechter Stimmungsmache eingeknickt zu sein. Wörtlich sagte sie: „Dieses Einknicken vor rechter Stimmungsmache ist dumm und erbärmlich, sonst gar nichts.“ Sie betonte weiter, dass es „kaum etwas Sinnloseres“ gebe, als den Zugang zu Informationen zu erschweren. Gerade in ohnehin überlasteten Ämtern führe das zu Missverständnissen und längeren Bearbeitungszeiten. Der Schritt sei daher auch aus praktischer Sicht problematisch und konterkariere die Ziele einer effizienten und gerechten Leistungsverwaltung.

Was steckt hinter der Entscheidung?

Die Kritik stößt jedoch nicht überall auf Zustimmung. In der Analyse-Plattform Mimikama wird auf die Gefahr hingewiesen, politische Narrative überzubetonen und komplexe Verwaltungsentscheidungen auf symbolische Einzelaspekte zu reduzieren. Zwar sei es richtig, dass die Debatte über fremdsprachige Merkblätter durch emotionalisierte Begriffe wie „Einladung zum Sozialtourismus“ befeuert wurde – ein Ausdruck, der unter anderem vom AfD-Bundestagsabgeordneten René Springer im Zusammenhang mit Bürgergeld und Migration verwendet wurde –, doch die Entscheidung der BA beruhe laut Mimikama nicht ausschließlich auf politischem Druck.

Die BA habe klar formuliert, dass es mittlerweile „keinen Anlass mehr“ für umfangreiche Übersetzungen gebe. Außerdem spreche das Fortbestehen der englischen Webversion gegen die pauschale Annahme einer vollständigen sprachlichen Abschottung. Die Entscheidung sei eingebettet in einen größeren Wandel hin zu stärker deutschsprachiger Ausrichtung im Verwaltungshandeln – ohne dabei sämtliche Zugänge zu kappen.

Bürgergeld Reform für Herbst 2025 angekündigt

Polarisierte Wahrnehmung in einem gespaltenen Klima

Dass eine verwaltungstechnische Maßnahme wie die sprachliche Straffung von Infoblättern eine bundesweite Debatte auslöst, zeigt, wie aufgeladen das politische Klima derzeit ist. Das Denken in politischen Lagern verengt sich zunehmend. Gesellschaftliche Diskussionen, die früher zwischen pragmatischer Mitte und sozialpolitischem Diskurs stattfanden, werden heute fast ausschließlich entlang polarisierter Linien geführt. In der öffentlichen Wahrnehmung ist kaum noch Raum für differenzierte Argumente – vielmehr dominiert ein mediales Klima, in dem jede administrative Entscheidung sofort als politisches Statement gedeutet wird. Die Entscheidung der BA steht exemplarisch für diese Entwicklung. Obwohl sie mit verwaltungstechnischen Argumenten begründet wurde, wird sie politisch zugespitzt. Die einen sehen darin einen Fortschritt in Richtung Integrationsforderung, die anderen eine soziale Ausgrenzung.

Hinzu kommt: Die Neuausrichtung bei den Bürgergeld-Infoblättern erfolgt in einer Zeit, in der die gesamte Leistung stark unter Druck steht. Seit Monaten wird in Politik und Öffentlichkeit über die steigenden Ausgaben für das Bürgergeld diskutiert. Medienberichte und Äußerungen von Parteien befeuern den Vorwurf, das System sei zu teuer und zu wenig zielgerichtet. In dieser aufgeheizten Atmosphäre wird jede Änderung – auch wenn sie technokratisch begründet ist – automatisch zum politischen Reizthema. Die politische Mitte scheint dabei zunehmend zu verschwinden – sachliche Einordnungen haben es in dieser Atmosphäre schwer.

Auswirkungen auf die Praxis

Fast die Hälfte aller Bürgergeld-Empfänger in Deutschland hat keinen deutschen Pass – darunter viele aus der Ukraine, Syrien, der Türkei und Afghanistan. Insgesamt beträgt der Ausländeranteil beim Bürgergeld im April 2025 nach den Zahlen der Agentur für Arbeit 47,6 %.

Für Flüchtlinge aus der Ukraine und Migranten waren mehrsprachige Merkblätter oft erste Orientierungshilfe. Ohne sie drohen Antragsfehler, Missverständnisse und Rückfragen – mit entsprechenden Verzögerungen im Verwaltungsprozess. Die BA verweist auf bestehende Beratung in Jobcentern und die fortbestehende englische Version als Teil des Ausgleichs. Unterstützt durch die Begründung zur Effizienz und Integration hält die Behörde an ihrem Kurs fest. Ab Januar 2026 sollen alle betroffenen Zusatzinformationen in anderen Sprachen entfallen. Ob dies im Alltag zu neuen Hürden oder zu effizienteren Verfahren führt, dürfte sich erst mit Verzögerung zeigen.