Der erste Schultag ist für Kinder ein magischer Moment – neuer Ranzen, pralle Schultüte, eine kleine Feier mit Fotos und Kuchenduft. Wer jedoch vom Bürgergeld lebt, gerät dabei schnell unter finanziellen Druck. Schon die Basisausstattung verlangt heute durchschnittlich 250 bis 300 €, vor allem für das Ranzen-Set, Schultüte mit Füllung, Turnbeutel, Mäppchen und Hefte – und eine kleine Einschulungsfeier.
Schulbonus des Vereins Sanktionsfrei e. V.
Hier setzt der Schulbonus an: Sanktionsfrei e. V. stellt zum vierten Mal in Folge 150 € pro Kind als Spendengeld zur Verfügung, die am 4. August 2025 per Losverfahren an Eltern im Bürgergeld oder in der Grundsicherung ausgezahlt werden. Pro Bedarfsgemeinschaft darf sich ein Elternteil stellvertretend für das Schulkind anmelden. Die Auszahlung erfolgt unbürokratisch auf das angegebene Konto – ohne Nachweis einzelner Quittungen. Finanziert wird das Programm allein aus privaten Spenden – der Verein legt zum Start 3.000 € in den Topf und wirbt bis zum Stichtag weiter um Unterstützung.
Teilnahme
- Ende der Aktion: 04. August 2025 12:00 Uhr
- Anmeldung: Online-Formular „Schulbonus“
Die Auslosung am 04. August erfolgt nach dem Zufallsprinzip. Die Gewinner werden vom Verein kontaktiert.
Was der Staat zahlt – und warum es nicht reicht
Der Staat erkennt für 2025 einen persönlichen Schulbedarf von insgesamt 195 € an – 130 Euro zum 1. August und 65 € zum 1. Februar aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (§ 28 Abs. 3 SGB II) an. Ein gesonderter Antrag ist nicht nötig, die Beträge werden automatisch mit dem Bürgergeld überwiesen. Sollte der Betrag nicht auf dem Konto eingehen, reicht eine formlose Anfrage beim Jobcenter.
Zudem sieht der Bürgergeld Regelsatz für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren (RBS 5) einen monatlichen Betrag in Höhe von 390 € vor – darin enthalten 2,02 € für Bildungswesen.
| Öffentliche Leistung 2025 | Betrag |
|---|---|
| Pauschaler Schulbedarf (§ 28 Abs. 3 SGB II) | 195 € |
| Regelsatz-Anteil „Bildungswesen“ (2,02 € × 12) | 24,24€ |
| Summe | 219,24 € |
Weitere Aufwendungen sind damit jedoch nicht abgedeckt.
Anteil für Einschulung aus Regelsatz ansparen?
Manche halten dagegen, Eltern könnten den Bildungsanteil jahrelang zur Seite legen. Rechnet man jedoch den vollen Betrag ab Geburt an, ergibt sich:
- Regelbedarfsstufe 6 (0–5 J.) ≈ 1,50 € pro Monat → 5 Jahre ≈ 90 €
- Regelbedarfsstufe 5 (6. Lebensjahr vor Schule) 2,02 € pro Monat → 12 Monate ≈ 24 €
Selbst eine theoretisch lückenlose Sparleistung brächte also rund 114 €, weit unter den erforderlichen 250 €–300 €. Zudem fließen diese Beträge in der Praxis regelmäßig in Bilder- und Malbücher, Bastelmaterial und können deshalb kaum vollständig angespart werden.
Schulbedarf als Mehrbedarf beim Bürgergeld geltend machen
Weitere Hilfen für Eltern mit Schulkindern
Erstausstattung
Über den pauschalen Schulbedarf hinaus lassen sich rund um den ersten Schultag weitere Einmalkosten geltend machen. Für einen kindgerechten Arbeitsplatz zu Hause – Schreibtisch, ergonomischer Stuhl, Lampe oder Regal – gewährt das Jobcenter eine Erstausstattung nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II – das Sozialgericht Berlin hat den Anspruch ausdrücklich bestätigt (Az. S 174 AS 28285/11 WA).
Jobcenter muss Schreibtisch für Schüler zahlen
Mehrbedarf für Bücher
Fallen in dem jeweiligen Bundesland keine Lehrmittelfreiheit oder nur eine Teilbefreiung an, können Pflichtschulbücher und Arbeitshefte als unabweisbarer Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6a SGB II übernommen werden – das Bundessozialgericht hat 2019 klargestellt, dass Eltern hier nicht auf den Regelsatz verwiesen werden dürfen (B 14 AS 6/18 R). Ein formloser Antrag mit der Schulbuchliste genügt; Quittungen müssen erst auf Anforderung vorgelegt werden.
Bildungs- und Teilhabepaket (BuT)
Das BuT sieht weitere Hilfen für Kinder vor, siehe auch Bildungspaket
Kritische Einordnung
Der aus Spenden finanzierte Schulbonus zeigt eindrücklich, wie weit die Regelsätze vom realen Bedarf entfernt sind. Wenn bürgerschaftliches Engagement einspringen muss, um elementare Bildungsausgaben zu finanzieren, liegt eine strukturelle Unterdeckung vor – das gleiche Bild zeichnet sich generell auch bei den Kosten für Lebensmittel ab – hier sind die Tafeln mittlerweile unfreiwillig systemrelevant geworden.
Tafel-Lebensmittel beim Bürgergeld anrechnungsfrei
Auch der Bildungs- und Teilhabebedarf wurde seit 2021 nur inflationsangepasst angepasst, qualitative Anforderungen an Ergonomie oder digitale Ausstattung bleiben dabei unberücksichtigt. Ohne deutliche Anhebung der Pauschalen werden Kinder aus armen Haushalten weiter benachteiligt – der Bonus von Sanktionsfrei lindert die Folgen, ändert aber nichts am Grundproblem.
Über Sanktionsfrei e.V.
Sanktionsfrei e. V. wurde von der Aktivistin Helena Steinhaus gegründet. Der Berliner Verein unterstützt seit 2015 Bürgergeld-Empfänger mit einem spendenfinanzierten Solidartopf und einem Netzwerk eigener Experten und Anwälte, die bei drohenden Sanktionen kostenlos beraten, klagen und auch finanziell unter die Arme greifen. Zusätzlich organisiert Sanktionsfrei jährlich den 150-Euro-Schulbonus sowie einen 150-Euro-Weihnachtsbonus für bedürftige Haushalte. Die Projekte leben ausschließlich von privaten Zuwendungen – jede Spende stärkt diese wirksame Arbeit – Sanktionsfrei e.V. unterstützen


