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Bürgergeld: Jobcenter muss Mietschulden ohne Antrag übernehmen

Junges paar sitzt frustriert in der Küche, symbolisch für Probleme

Für die Übernahme von Mietschulden durch das Jobcenter müssen Bürgergeld-Empfänger keinen förmlichen Antrag für ein Darlehen stellen – eine Problemanzeige genügt laut Urteil des Bundessozialgerichts (B 7/14 AS 52/21 R) völlig. Darüber hinaus betonten die Richter, dass der Anspruch auf ein Jobcenter-Darlehen auch dann bestehe, wenn der notwendige Betrag bereits von anderer Seite zur Verfügung gestellt wurde und dadurch Schulden gegenüber Dritten entstehen.

Jobcenter-Darlehen beantragt

Der Fall: Eine Frau aus Bremen hatte im Juni wiederholt Grundsicherung beantragt. Bewilligt wurden die Leistungen jedoch erst am 22. September, rückwirkend zum 1. Juni. Während der Zwischenzeit sind Mietschulden in Höhe von 1.420 Euro aufgelaufen. Da der Vermieter am 19. August mit der Kündigung drohte, informiert die Frau das Jobcenter und beantragte ein Darlehen.

So hoch darf die Miete mit Bürgergeld sein

Jobcenter lehnt ab

Die fristlose Kündigung wegen Mietrückstand zog der Vermieter später zurück, das Jobcenter hatte die Miete gezahlt. Die Restforderung in Höhe von 1.055 Euro war von der Leistungsempfängerin beglichen worden. Den Antrag auf ein Darlehen hielt sie aufrecht. Die Bitte wurde vom Jobcenter aber mit Hinweis darauf abgelehnt, dass Schulden gegenüber Dritten unerheblich seien und nun keine Obdachlosigkeit mehr drohe.

Schulden bei Dritten können Mietschulden sein

Nach den Vorinstanzen Sozialgericht Bremen (S 22 AS 1156/16) und Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (L 15 AS 220/17) wurde die Einschätzung des Jobcenters durch das Bundessozialgericht in letzter Instanz nicht bestätigt. Die Richter machten deutlich, dass die Schulden der hilfebedürftigen Frau bei einem Dritten Mietschulden im Sinne des § 22 Abs. 8 SGB II anerkannt werden können sein können (Urteil vom 13.07.2022, Az.:B 7/14 AS 52/21).

Anm. d. Red.: Obwohl dieses Urteil noch zum Alg II (Hartz IV) erging, ist es weiterhin für das heutige Bürgergeld relevant. Die zugrundeliegende Norm des § 22 Abs. 8 SGB II, die die darlehensweise Übernahme von Schulden zur Wohnraumsicherung regelt, ist in ihrer zentralen Aussage unverändert geblieben. Das Jobcenter muss daher auch im Bürgergeld-Bezug prüfen, ob Schulden bei Dritten (etwa einem privaten Kreditgeber) übernommen werden müssen, wenn der Leistungsträger die ursprüngliche Mietschuldenübernahme verzögert hat.

Bedarf rechtzeitig geltend machen

Das setze voraus, dass der notwendige Bedarf von der Bürgergeld-Empfängerin rechtzeitig angezeigt wurde. Für die Übernahme der Mietschulden sei ferner entscheidend, dass „das Jobcenter bis zur Selbsthilfe des Leistungsberechtigten durch Aufnahme eines Privatdarlehens die Gelegenheit zur Entscheidung gehabt hätte“. Im vorliegenden Fall habe die Frau bereits im August auf die finanziellen Probleme aufmerksam gemacht.

Kein gesonderter Antrag nötig

Die wichtigste Aussage des Urteils lautet: „Eines gesonderten Antrags iS von § 37 Abs 1 SGB II bedarf es für das Begehren auf Übernahme von Mietschulden iS des § 22 Abs 8 SGB II nicht.“ Wenn Bürgergeld Empfänger dem Jobcenter umgehend mitteilten, dass sie Mietschulden hätten und ein Bedarf bestehe, müsse nicht eigens ein Antrag gestellt werden.