Sie haben einen Bescheid vom Jobcenter bekommen, in dem steht, dass Sie Bürgergeld zurückzahlen sollen? Das kann verunsichern, denn die Formulierungen sind oft komplex und schwer zu verstehen.
Wichtig: Nicht jede Rückforderung ist zulässig, und eine sofortige Zahlungspflicht besteht häufig nicht – insbesondere bei Beträgen unter 50 Euro, für die seit 2023 eine Bagatellgrenze gilt.
Entscheidend sind der formale Ablauf, Ihre Mitwirkungspflichten, mögliche Fehler des Jobcenters und die gesetzlichen Fristen. Achten Sie darauf, den Bescheid genau zu prüfen und zu klären, in welchen Fällen eine Rückzahlung nicht geleistet werden muss.
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet eine Rückforderung des Jobcenters?
Eine Rückforderung entsteht, wenn das Jobcenter festgestellt hat, dass Leistungen zu Unrecht oder in zu hoher Höhe ausgezahlt wurden. Dies betrifft die gesamten zu Unrecht gezahlten Leistungen, also nicht nur den Regelsatz, sondern auch die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) sowie die Beiträge zur Krankenversicherung. Gründe dafür können sein:
- Nicht gemeldete Änderungen bei Einkommen oder Vermögen.
- Veränderte Wohn- oder Bedarfssituation (z.B. Einzug eines Partners).
- Beginn einer Ausbildung oder Erwerbstätigkeit, die den Bürgergeldanspruch entfallen lässt.
- Fehlerhafte Berechnung innerhalb der Behörde.
- Verspätete Bearbeitung von Anträgen.
Wichtig: Eine Rückzahlung ist nur verpflichtend, wenn ein schriftlicher Aufhebungs- oder Erstattungsbescheid vorliegt. Hinweisschreiben des Jobcenters allein reichen nicht aus.
Wie läuft eine Rückforderung Schritt für Schritt ab?
1. Ankündigung und Anhörung
Vor der eigentlichen Rückforderung informiert das Jobcenter über die geplante Entscheidung. Sie erhalten Gelegenheit, eine Stellungnahme abzugeben (§ 24 SGB X).
Nutzen Sie diese Möglichkeit, wenn es Unstimmigkeiten gibt – etwa wenn Änderungen gemeldet, aber nicht erfasst wurden.
2. Aufhebungs- oder Erstattungsbescheid
Nach der Prüfung erlässt das Jobcenter einen schriftlichen Bescheid. Erst dieser Bescheid verpflichtet zur Rückzahlung.
3. Widerspruch
Wenn Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit haben, legen Sie innerhalb eines Monats Widerspruch ein.
Wichtig: Ein Widerspruch (und ggf. anschließende Klage) hat aufschiebende Wirkung. Solange nicht abschließend darüber entschieden wurde, darf das Jobcenter keine Rückzahlung vollstrecken oder Leistungen kürzen.
4. Rückzahlung, Aufrechnung oder Ratenzahlung
Ist die Rückforderung berechtigt, erfolgt die Erstattung entweder durch
- Aufrechnung (Kürzung laufender Leistungen) oder
- Ratenzahlung (freiwillige Vereinbarung mit dem Jobcenter)
Wann müssen Sie Bürgergeld zurückzahlen?
1. Nicht gemeldete Änderungen
Alle relevanten Veränderungen müssen unverzüglich gemeldet werden. Dazu zählen:
- Aufnahme eines Jobs oder jede Veränderung des Einkommens
- Einzug oder Auszug von Personen, die zur Bedarfsgemeinschaft gehören (könnten)
- Erbschaften, Schenkungen oder sonstiges Vermögen
- Veränderungen der Miete
Achten Sie darauf, jede relevante Änderung schriftlich zu melden und die Bestätigung aufzubewahren.
2. Wegfall des Leistungsanspruchs
Sie müssen Bürgergeld zurückzahlen, wenn der Anspruch nicht mehr bestand, etwa bei:
- Arbeitsaufnahme mit ausreichendem Einkommen
- Wegfall der Hilfebedürftigkeit
- Überschreitung des Schonvermögens
- Beginn eines Studiums
3. Vorsätzliche oder grob fahrlässige Falschangaben
In solchen Fällen (z.B. bei arglistiger Täuschung, Verheimlichung von Vermögen oder selbst herbeigeführter Hilfebedürftigkeit) kann das Jobcenter:
- bis zu 30 % des Regelbedarfs aufrechnen
- Rückforderungen bis zu zehn Jahre rückwirkend geltend machen
Wann müssen Sie nicht zurückzahlen? (Vertrauensschutz beachten)
Wann Vertrauensschutz besteht
Unter bestimmten Umständen dürfen Sie zu viel erhaltenes Bürgergeld behalten, wenn der Fehler beim Jobcenter lag und Sie darauf vertrauen durften, dass die Zahlung korrekt war. Vertrauensschutz greift u. a. bei:
- fehlerhafter Weiterzahlung ohne Bewilligungsbescheid
- eindeutigen Behördenfehlern, die Betroffene nicht erkennen konnten
- verzögerter Bearbeitung eines Weiterbewilligungsantrags, während weitergezahlt wurde
- klaren Überweisungen, die wie eine bewilligte Fortzahlung wirken
Beispiele:
- Der Weiterbewilligungsantrag wurde gestellt, aber das Jobcenter zahlt ohne neuen Bescheid weiter – Rückforderung oft unzulässig.
- Es wurde ein Betrag überwiesen, den Betroffene ohne Bescheid nicht prüfen konnten – häufig Vertrauensschutz.
Wichtig: Vertrauensschutz entfällt, wenn klar erkennbar ist, dass kein Anspruch mehr besteht.
Wie lange darf das Jobcenter Bürgergeld zurückfordern?
1. Jahresfrist für die Entscheidung
Das Jobcenter muss innerhalb von einem Jahr handeln, nachdem es von der Überzahlung erfahren hat.
2. Verjährung nach Bescheiderlass
Nach einem endgültigen Erstattungsbescheid verjährt die Forderung in der Regel nach vier Jahren, gerechnet ab dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Erstattungsanspruch entstanden ist.
3. Zehnjährige Frist bei Täuschung
Bei Vorsatz oder arglistiger Täuschung kann eine Rückforderung bis zu zehn Jahre rückwirkend erfolgen.
4. Hinweis: Informationsschreiben reichen nicht aus
Ein reines Informationsschreiben ohne Bescheid löst keine Zahlungspflicht aus. Wird innerhalb eines Jahres kein Bescheid erlassen, kann eine Rückforderung unzulässig sein.
Achten Sie darauf, das Datum der ersten Mitteilung zu prüfen.
Urteil: Mahnung verlängert Verjährung alter Bürgergeld-Rückforderung nicht
Wie funktioniert die Rückzahlung?
Aufrechnung
Eine Aufrechnung ist nur möglich, wenn die Rückforderung rechtmäßig ist und Sie weiterhin Bürgergeld beziehen.
- regulär bis zu 10 % des Regelbedarfs
- bei sozialwidrigem Verhalten bis zu 30 %
Von der Aufrechnung sind nicht betroffen:
- Kosten für Unterkunft (KdU)
- Heizkosten
- Beiträge zur Krankenkasse / Pflegeversicherung
Aufrechnung bei Behördenfehlern
Wenn die Überzahlung durch das Jobcenter verursacht wurde, ist eine Aufrechnung nicht erlaubt. In solchen Fällen sollte eine Ratenzahlung vereinbart werden.
Ratenzahlung
Eine Ratenzahlung ist möglich, wenn eine sofortige Zahlung nicht machbar ist.
Schlagen Sie eine realistische monatliche Rate vor und begründen Sie diese kurz.
Was tun, wenn das Geld bereits ausgegeben wurde?
Auch bereits ausgegebene Leistungen können zurückgefordert werden, wenn kein Vertrauensschutz besteht. In dieser Situation sind folgende Schritte sinnvoll:
- frühzeitig Kontakt mit dem Jobcenter aufnehmen
- die wirtschaftliche Situation nachvollziehbar darstellen
- eine realistische Ratenzahlung vorschlagen
- den Zahlungsplan schriftlich vereinbaren
FAQ – Häufige Fragen zur Bürgergeld-Rückforderung
Muss ich eine Rückforderung vom Jobcenter immer akzeptieren?
Nein. Eine Rückforderung von Bürgergeld ist nur gültig, wenn ein formeller Aufhebungs- oder Erstattungsbescheid vorliegt und alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Prüfen Sie den Bescheid genau und legen Sie bei Zweifeln fristgerecht Widerspruch ein.
Wie viel darf das Jobcenter monatlich vom Bürgergeld einbehalten?
Das Jobcenter darf in der Regel maximal 10 % des Bürgergeld-Regelbedarfs aufrechnen. Nur bei sozialwidrigem Verhalten (z. B. bewusst falschen Angaben) sind bis zu 30 % möglich. Kosten für Unterkunft und Heizung dürfen nicht gekürzt werden.
Wie lange darf das Jobcenter Geld zurückfordern – kann die Rückforderung verjähren?
Ja, Rückforderungen beim Bürgergeld können verjähren. Grundsätzlich gilt eine einjährige Frist, in der das Jobcenter nach Kenntnis der Überzahlung tätig werden muss, und eine vierjährige Verjährungsfrist nach endgültigem Bescheiderlass. Bei vorsätzlicher Täuschung kann die Frist auf bis zu zehn Jahre verlängert sein.
Welche Folgen hat ein nicht gemeldeter Nebenjob beim Bürgergeld?
Ein nicht gemeldeter Nebenjob führt in der Regel dazu, dass das Jobcenter die Leistungen rückwirkend neu berechnet und zu viel gezahlte Beträge zurückfordert. Zusätzlich drohen strengere Aufrechnungen und gegebenenfalls ein Bußgeld wegen grob fahrlässigem oder vorsätzlichem Verhalten.
Was kann ich tun, wenn das Jobcenter falsch gerechnet hat?
Bei Rechen- oder Berechnungsfehlern sollten Sie schriftlich eine Korrektur verlangen. Je nach Fall kann Vertrauensschutz bestehen – bei reinen Behördenfehlern ist eine Rückforderung häufig ganz oder teilweise unzulässig.
Was soll ich tun, wenn die Rückforderung überraschend sehr hoch ist?
Prüfen Sie alle Berechnungen und verlangen Sie eine detaillierte Aufstellung. Legen Sie bei Unklarheiten Widerspruch ein und beantragen Sie gleichzeitig eine Ratenzahlung, damit Ihre Existenz gesichert bleibt, solange die Sache geklärt wird.
Wie melde ich Änderungen korrekt beim Jobcenter?
Änderungen sollten Sie möglichst umgehend schriftlich, per Formular oder über die Online-Angebote bzw. App des Jobcenters mitteilen. Bewahren Sie Kopien und Eingangsbestätigungen auf, damit Sie im Streitfall nachweisen können, dass Sie Ihrer Mitteilungspflicht nachgekommen sind.
Muss ich Beträge unter 50 Euro zurückzahlen?
Seit 2023 gilt beim Bürgergeld eine Bagatellgrenze von 50 Euro für die gesamte Bedarfsgemeinschaft. Beträge unterhalb dieser Grenze werden in der Regel nicht mehr zurückgefordert. Dennoch kann es sinnvoll sein, den Bescheid zu prüfen, wenn Sie Zweifel an der Berechnung haben.


