Buchstäblich zappenduster wird es, wenn man Stromschulden nicht bezahlen kann. Das gilt für Bürgergeld-Bedürftige ebenso wie für jeden anderen Haushalt. Auf Hilfe vom Jobcenter in Form eines Darlehens kann man sich dabei nicht zwingend verlassen. Denn auch bei einer drohenden Stromsperre gilt zunächst der Grundsatz der Selbsthilfe. Das betonte das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen und ließ einen Betroffenen im Dunkeln stehen.
Kommunikations-Chaos führt zur Stromabschaltung
Die Stromkosten eines Bürgergeld-Bedürftigen waren vom Jobcenter direkt an den Stromversorger überwiesen worden. Über die Kündigung des Vertrages war der Mann offenbar nicht informiert worden, auch nicht darüber, dass ein anderer Versorger zuständig ist. Erst, als die Stromversorgung eingestellt wurde, informiert der Kläger das Jobcenter über den neuen Vertrag – woraufhin das Amt die Zahlung an den alten Stromanbieter einstellte.
Stromnachzahlung mit Bürgergeld – hilft das Jobcenter?
Wenn die Raten das Budget sprengen
In der Zwischenzeit hatten sich Stromschulden in Höhe von 1.637,51 Euro angehäuft, die der Bedürftige schlicht nicht zahlen konnte. Die vorgeschlagene Ratenzahlung des Stromanbieters samt der Option, dass bis zu drei Monatsraten gestundet werden, musste er ablehnen. Er sei nicht in der Lage, die Raten – 82,51 Euro und anschließend monatlich 73 Euro – aus dem Regelsatz zu zahlen. Daher beantragte er ein Darlehen beim Jobcenter, erhielt jedoch eine Absage.
Gericht bleibt trotz Gesundheitsrisiko hart
Der Gang vor das Sozialgericht Köln, in der Hoffnung, eine einstweilige Anordnung zur Zahlung des Darlehens zu erhalten, scheiterte (S 4 AS 817/23 ER). Daran änderte auch der Nachweis nichts, dass er keine 82 Euro besitze, aufgrund der Bonität keinen anderen Vertrag erhalte und zu 70 Prozent schwerbehindert sei. Der Mann führte aus, auf Strom angewiesen zu sein, da er nachts ein Beatmungsgerät benötige. Würde der Strom abgestellt, gefährde dies seine Gesundheit.
Der Antrag wurde abgelehnt, weil der Antragsteller seine Selbsthilfemöglichkeiten nicht ausgeschöpft habe. Ihm sei vom Versorger eine Ratenzahlung angeboten worden, um eine Stromsperre zu vermeiden. Den Hinweis, er könne sich 206 Euro monatlich für Strom (ab dem zweiten Monat 197 Euro) nicht leisten, ließen die Richter nicht gelten. Denn auch bei einem Jobcenter Darlehen hätte der Leistungsempfänger 50,20 Euro monatlich aus dem Regelsatz zurückzahlen müssen.
Das Gesetz verlangt Eigeninitiative
Mit dieser Argumentation schmetterte auch das Landessozialgericht (L 7 AS 487/23 B ER) die Beschwerde des Bürgergeld-Bedürftigen ab – zumal inzwischen ein neuer Ratenzahlungsvorschlag über 50 Euro monatlich vorlag. Zwar sah man die Tatsache, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen auf eine Stromversorgung angewiesen und finanziell nicht in der Lage sei, die Forderung zu begleichen. Aber: Der Kläger habe nicht alle zumutbaren Möglichkeiten genutzt, sich selbst zu helfen.
Denn: § 2 Abs. 2 S. 1 SGB II verpflichte Leistungsberechtigte, „alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung ihrer Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen“. Der Bürgergeld-Bedürftige wurde vom Landessozialgericht daher auf die Ratenzahlung des Stromversorgers und die Option eines Anbieterwechsels verwiesen.
Urteil: Gebühren für Ratenzahlung bei Stromschulden unzulässig
Wichtig zur Einordnung: Die Entscheidung ist ein Beschluss aus dem Eilverfahren. Sie zeigt, wie streng Gerichte und Jobcenter beim Thema Stromschulden auf den Grundsatz der Selbsthilfe schauen. Das heißt aber nicht, dass ein Darlehen vom Jobcenter bei Energieschulden generell ausgeschlossen ist. Entscheidend ist der Einzelfall – vor allem, ob Betroffene vorher nachweisbar versucht haben, die Sperre anders abzuwenden, zum Beispiel durch eine realistische Ratenvereinbarung, Stundung oder andere kurzfristige Lösungen. Wer Hilfe vom Jobcenter will, sollte solche Schritte belegen können – und auch erklären, warum sie nicht funktioniert haben. Dann steigen die Chancen, dass die Notlage anerkannt wird.
Fazit
Die Entscheidung macht deutlich: Hilfe bei Stromschulden ist beim Jobcenter kein Automatismus. Gerichte schauen streng darauf, ob Betroffene zumutbare Selbsthilfe wirklich ausgeschöpft haben – vor allem Ratenvereinbarung, Stundung oder andere kurzfristige Lösungen mit dem Versorger. Solange ein realistischer Ratenplan möglich erscheint, kann das ein Darlehen vom Jobcenter im Eilverfahren ausbremsen. Gleichzeitig bleibt es eine Einzelfallfrage: Wer dokumentieren kann, dass solche Lösungen ernsthaft versucht wurden und warum sie nicht funktioniert haben, verbessert seine Chancen deutlich.

