Jeder Bürgergeld-Leistungsempfänger hat das Recht, zu Terminen im Jobcenter einen Beistand mitzunehmen, der als Zeuge fungieren und bei der Wahrnehmung eigener Rechte unterstützen kann. Das Jobcenter ist jedoch ebenso berechtigt, die Personalien des Beistands zu erheben und sich einen Ausweis vorlegen zu lassen.
Termin im Jobcenter
Zu einem Termin im Jobcenter erschien eine Bürgergeld‑Empfängerin in Begleitung eines Beistands. Der Aufforderung der Zweigstellenleitung, sich namentlich vorzustellen oder einen Ausweis vorzulegen, kam der Beistand nicht nach. Daraufhin beendete der Sachbearbeiter das Gespräch mit dem Angebot, sämtliche Fragen der Hilfebedürftigen schriftlich zu beantworten. Mit Aushändigung eines Protokolls über den Gesprächsverlauf sowie Benennung der Umstände wurden beide unter Hinweis auf das Hausrecht aus dem Büro verwiesen.
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Eilantrag ohne Erfolg
Am Folgetag beantragte die Leistungsberechtigte einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht Stuttgart. Sie wollte im Eilverfahren gerichtlich feststellen lassen, dass ihr Beistand künftig ohne Preisgabe seiner Personalien an Terminen im Jobcenter teilnehmen dürfe. Das Gericht stellte fest, dass der Antrag auf einstweilige Anordnung zwar zulässig sei, die Leistungsempfängerin aber mangels eines Anordnungsgrundes keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung habe (S 4 AS 6236/14 ER).
Grundsätzlich dürfen Bürgergeld-Empfänger zu jedem Termin im Jobcenter einen Beistand mitbringen, an diesem Recht wurde im Verfahren auch nicht gerüttelt. Das Sozialgericht stellte jedoch klar, dass die Leistungsberechtigte nicht gerichtlich feststellen lassen kann, ihr Beistand müsse sich nicht ausweisen. Im Gegenteil: Das Jobcenter ist jederzeit befugt, Name und Personalien des Begleiters zu verlangen und den Termin abzubrechen, wenn die Ausweisvorlage verweigert wird.
Ausweispflicht und Ablehnungsgründe
Allein aus Sicherheitsgründen besteht eine Pflicht, die Personalien des Beistands offenzulegen, damit die Behörde jederzeit weiß, wer sich im Amtszimmer aufhält.
Zugleich ergibt sich diese Pflicht unmittelbar aus § 13 SGB X: Nach der gesetzlichen Regelung gilt das vom Beistand Vorgetragene als eigene Erklärung des Antragstellers, sofern dieser nicht unverzüglich widerspricht. Gerade weil diese Äußerungen dem Antragsteller zugerechnet werden – etwa für spätere Beweislagen – ist die eindeutige Identität des Beistands unverzichtbar.
Kennt das Jobcenter die Person des Beistands, kann es zudem prüfen, ob eine Zurückweisung nach § 13 Abs. 5 oder 6 SGB X in Betracht kommt. Ein Beistand kann insbesondere zurückgewiesen werden, wenn er unerlaubt Rechtsdienstleistungen erbringt oder offensichtlich nicht zum sachgemäßen Vortrag fähig ist.
Gleiche Entscheidung in NRW
Das Sozialgericht Köln (S 28 AS 5110/18) wies die Klage eines Beistands ab, der nach verweigerter Ausweisvorlage Zutritt zum Beratungszimmer verlangt hatte. Das Gericht betonte, das Jobcenter dürfe sein Hausrecht nutzen und die Identität jedes Begleiters feststellen, weil nur so geprüft werden könne, ob Zurückweisungsgründe nach § 13 Abs. 5 und 6 SGB X vorliegen.
In einem anschließenden Verfahren vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (L 7 AS 1260/20) lehnte der Senat die beantragte Prozesskostenhilfe ab, da die Berufung gegen das Kölner Urteil keine Aussicht auf Erfolg bot. Auch hier wurde klargestellt, dass ein „Inkognito-Beistand“ zurückgewiesen werden darf: Die Identitätsfeststellung sei durch Hausrecht und § 13 SGB X gedeckt und für eine sachgerechte Eignungsprüfung unverzichtbar.