Fünf Euro hier, fünf Euro da – und schon summiert sich die Zuzahlung für Medikamente auf einen Betrag, der mit dem Bürgergeld nur schwer zu stemmen ist. Insbesondere chronisch kranke Menschen wissen häufig nicht, wie sie über die Runden kommen sollen. Um solche Notlagen zu vermeiden, hat der Gesetzgeber eine finanzielle Belastungsgrenze definiert, die auch für Bürgergeld Bedürftige gilt.
Inhaltsverzeichnis
Armut und Krankheit
Studien belegen: Wer arm ist und damit an den Rand der Gesellschaft gedrängt wird, ist auch öfter krank. Dadurch steigen die Ausgaben für Medikamente und Co. Bürgergeld Empfängern stellt sich da die Frage: „Wie soll ich das bezahlen?“ Der Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen sieht in diesem Jahr für die Gesundheitspflege 21,49 Euro monatlich vor. Zur Gesundheitspflege zählen dabei: pharmazeutische Erzeugnisse mit und ohne Rezept, andere medizinische Erzeugnisse mit und ohne Rezept sowie therapeutische Mittel.
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Gesetzliche Regelung der Zuzahlungen
Die Zuzahlungen regelt § 61 SGB V. Grundsätzlich müssen Versicherte 10 Prozent des Ausgabepreises für Arzneimittel zuzahlen, mindestens aber 5 Euro und höchstens 10 Euro, wobei dieser Betrag auf die Kosten des Medikamentes gedeckelt ist.
Für einen Krankenhausaufenthalt sind es 10 Euro je Kalendertag des stationären Aufenthalts. Bei Heilmitteln, häuslicher Krankenpflege und außerklinischer Intensivpflege beträgt die Zuzahlung 10 Prozent sowie 10 Euro je Verordnung.
Mit 21,49 Euro kommt man nicht weit
Wer längere Zeit krank und auf Medikamente angewiesen ist, wird schnell merken: Mit 21,49 Euro im Monat kommt man nicht weit. Damit Verbraucher nicht über Gebühr belastet werden, gibt es die allgemeine Belastungsgrenze für Zuzahlungen nach § 62 Abs. 1 SGB V. Sie liegt bei einem Prozent des Bruttojahreseinkommens, wenn man chronisch krank ist, ansonsten bei zwei Prozent.
Sonderregelung beim Bürgergeld
Bei Bürgergeld Bedürftigen greift eine Sonderregelung. § 62 SGB V (Belastungsgrenze) besagt:
„Bei Versicherten, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch erhalten, ist abweichend von den Sätzen 1 bis 3 als Bruttoeinnahmen zum Lebensunterhalt für die gesamte Bedarfsgemeinschaft nur der Regelbedarf nach § 20 Absatz 2 Satz 1 des Zweiten Buches maßgeblich.“
Kurzum: Bemessungsgrundlage ist somit die Regelbedarfstufe 1 in Höhe von derzeit 563 Euro (jährlich: 6.756 Euro).
Belastungsgrenzen
Damit liegt die Belastungsgrenze von Bürgergeld-Besdürftigen sowie Sozialhilfe-Empfängern in 2025 bei 67,56 Euro (chronisch krank) beziehungsweise 135,12 Euro im Jahr. Bis zu diesem Betrag müssen Zuzahlungen (Rezeptgebühren, Krankenhausaufenthalte, Krankenwagen, Krankengymnastik, Hilfsmittel usw.) aus der eigenen Tasche gezahlt werden. Übersteigen die Ausgaben diese Belastungsgrenze, kann bei der Krankenkasse einen Antrag auf Zuzahlungsbefreiung gestellt werden.
Antrag auf Befreiung stellen
Der Antrag auf Befreiung von Zuzahlungen kann entweder in Papierform oder über – sofern vorhanden – eine Krankenkassen-App gestellt werden. Zusammen mit allen Quittungen und Kaufbelegen (versehen mit den persönlichen Angaben) zu den gesetzlichen Zuzahlungen und dem Bürgergeld-Bewilligungsbescheid kann der Antrag bei der Krankenversicherung eingereicht werden. Handelt es sich um Zuzahlungen für Krankenhausaufenthalte, muss zusätzlich ein Zahlungsnachweis beigefügt werden. Bei chronischen Erkrankungen könnte auch eine ärztliche Bescheinigung nötig sein. Welche Unterlagen genau für die Befreiung eingereicht werden müssen, kann bei der Krankenkasse erfragt werden. Die Kasse stellt dann eine Zuzahlungsbefreiungskarte aus und erstattet überzahlte Beträge.
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Befreiung von Zuzahlungen rückwirkend beantragen
Der Antrag auf Zuzahlungsbefreiung kann sogar vier Jahre rückwirkend gestellt werden, diese Regelung ergibt sich aus § 45 SGB I (Verjährung). Vorausgesetzt, man hat alle Daten und Rechnungen noch vorrätig – im besten Fall kann man sich diese auch über das Kundenkonto bei der Apotheke ausdrucken lassen, sofern gespeichert.
Belastungsgrenze im Voraus einzahlen
Grundsätzlich bieten viele Krankenkassen auch die Möglichkeit an, den Betrag in Höhe der jährlichen Zuzahlungsgrenze im Voraus bei der Krankenkasse einzuzahlen. Dies hat den Vorteil, dass man die Belege nicht sammeln und aufbewahren muss und die Krankenversicherung eine Bescheinigung über die Zuzahlungsbefreiung ausstellt.
Unterschiedliche Krankenversicherungen in der Bedarfsgemeinschaft
Sind die Mitglieder in der Bedarfsgemeinschaft bei unterschiedlichen Krankenkassen (egal ob AOK, Barmer, DAK, TKK, IKK etc.) krankenversichert – was z.B. bei Bürgergeld-Aufstockern nicht selten der Fall ist – so muss der Antrag auf die Zuzahlungsbefreiung nur bei einer Krankenkasse gestellt werden. Diese ermittelt die Obergrenze für die gesamte Familie und stellt eine entsprechende Bescheinigung über die Befreiung aus, mit der man sich dann an die Krankenkassen der Angehörigen bezüglich der übrigen Befreiungsbescheide wenden kann.