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Bürgergeld: Kontoauszüge für das Jobcenter schwärzen – Was erlaubt ist und was nicht

Nahaufnahme eines Kontoauszugs und eines grünen Textmarkers. Das Bild symbolisiert die Schwärzung und Prüfung von Kontoauszügen für den Bürgergeld-Antrag beim Jobcenter.

Wer Bürgergeld beantragt oder einen Weiterbewilligungsantrag einreicht, muss dem Jobcenter regelmäßig seine finanziellen Verhältnisse offenlegen. Dazu gehört auch das Vorlegen der Kontoauszüge der letzten drei Monate. Doch auf diesen Auszügen finden sich oft hochsensible, persönliche Informationen. Um die Privatsphäre zu schützen, dürfen bestimmte Stellen der Kontounterlagen geschwärzt werden – allerdings nur im Rahmen der gesetzlichen Datenschutzbestimmungen.

In diesem Artikel erfahren Sie, wann und wie Sie Kontoauszüge für das Jobcenter schwärzen dürfen. Wir erklären Ihnen, welche persönlichen Informationen Sie verbergen können und welche Daten unbedingt sichtbar bleiben müssen, damit Ihr Bürgergeld-Leistungsanspruch nicht gefährdet wird.

Bürgergeld: Darf das Jobcenter Kontoauszüge einsehen?

Warum verlangt das Jobcenter Kontoauszüge?

Das Jobcenter prüft anhand der Kontoauszüge, ob und in welchem Umfang Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II – eine zentrale Voraussetzung für den Bezug von Bürgergeld – besteht. Es geht dabei vor allem um:

  • Regelmäßige Einnahmen (z. B. Lohn, Kindergeld, Renten, Unterhalt)
  • Vermögensbewegungen, die auf zusätzliche Einkünfte oder Rücklagen hinweisen könnten
  • Unregelmäßige Zahlungen, die auf verschleierte Einkünfte oder Leistungen Dritter hindeuten

Das Ziel ist also nicht, das Privatleben offenzulegen, sondern sicherzustellen, dass das Bürgergeld nur an Bedürftige ausgezahlt wird. Trotzdem gilt: Der Datenschutz bleibt bestehen – auch gegenüber dem Jobcenter.

Darf ich Kontoauszüge schwärzen, bevor ich sie abgebe?

Ja, das dürfen Sie – wenn dadurch besonders sensible, personenbezogene Daten geschützt werden. Rechtsgrundlage ist Artikel 9 Absatz 1 DSGVO, der Daten über:

  • rassische und ethnische Herkunft,
  • politische Meinungen,
  • religiöse oder philosophische Überzeugungen,
  • Gewerkschaftszugehörigkeit,
  • Gesundheit oder
  • Sexualleben

besonders schützt.

Bereits das Bundessozialgericht (BSG, Az. B 14 AS 45/07 R) hat entschieden, dass Antragsteller Buchungstexte schwärzen dürfen, wenn sie Informationen dieser Art enthalten.

Das bedeutet konkret: Sie dürfen alles unkenntlich machen, was Rückschlüsse auf geschützte persönliche Lebensbereiche zulässt – nicht aber die finanziellen Beträge selbst.

Was genau darf geschwärzt werden und was nicht?

Sie dürfen nur auf der Ausgabenseite Ihrer Kontoauszüge (also bei Soll-Buchungen) bestimmte Informationen schwärzen, die Rückschlüsse auf besonders geschützte Daten zulassen.

Zulässige Schwärzungen (Ausgabenseite)

Übersicht über zulässige Schwärzungen auf Kontoauszügen für das Jobcenter
Information Details
Empfängername Wenn er eine politische, religiöse oder gewerkschaftliche Organisation erkennen lässt.
Teile des Buchungstextes Informationen über den Zweck der Zahlung (z. B. „Parteibeitrag“).
Teile des Verwendungszwecks Details, die auf die geschützten Lebensbereiche hindeuten.
Beispiele für zulässige Schwärzungen von Buchungstexten (Bürgergeld)
Buchungstext Erlaubte Schwärzung
Mitgliedsbeitrag Partei XY Partei XY
Spende an Religionsgemeinschaft Z Religionsgemeinschaft Z
Gewerkschaftsbeitrag Name der Gewerkschaft Name der Gewerkschaft

Unzulässige Schwärzungen

Folgende Positionen dürfen NICHT geschwärzt werden, da sie leistungsrelevant sind:

  • Einnahmen (alle Haben-Buchungen) – Das Jobcenter muss alle Geldeingänge prüfen und nachvollziehen können.
  • Buchungsbeträge (egal ob Einnahme oder Ausgabe).
  • Buchungsdatum und Wertstellungsdatum.

Häufiger Irrtum: Die „50-Euro-Grenze“ existiert nicht

Im Internet kursiert häufig die Behauptung, man dürfe nur Buchungen bis 50 € schwärzen. Diese Grenze existiert nicht – weder im Sozialgesetzbuch noch in einer gerichtlichen Entscheidung.

Wichtig: Die Erlaubnis zur Schwärzung hängt nicht von der Höhe der Buchung, sondern allein vom Inhalt der Information ab.

Bedeutet: Selbst eine Spende von 200 € an eine Kirche oder eine politische Partei darf in ihrem Verwendungszweck geschwärzt werden, da sie unter den besonderen Schutz des Art. 9 DSGVO fällt – solange der Betrag selbst sichtbar bleibt. Das Jobcenter darf auch keine ungeschwärzten Auszüge verlangen, nur weil eine Ausgabe über 50 € liegt.

Originale oder Kopien: Was sollte ich abgeben?

Geben Sie niemals Originale ab. Fertigen Sie stattdessen Kopien Ihrer Kontoauszüge an und schwärzen Sie diese. Falls der schwarze Marker auf Kopien durchscheint, hilft ein einfacher Trick:

  1. Kontoauszug kopieren.
  2. Relevante Textstellen schwärzen.
  3. Eine zweite Kopie der geschwärzten Version anfertigen.

So ist die Lesbarkeit der übrigen Daten garantiert.

Informationspflicht und ungeschwärzte Kontoauszüge

Muss das Jobcenter über das Recht zur Schwärzung informieren?

Ja. Bereits bei der Aufforderung zur Vorlage Ihrer Kontoauszüge muss das Jobcenter Sie schriftlich darauf hinweisen, dass Sie bestimmte Stellen schwärzen dürfen. Diese Möglichkeit darf Ihnen nicht von vornherein verwehrt werden.

Darf das Jobcenter ungeschwärzte Kontoauszüge verlangen?

Nein – nicht ohne berechtigten Grund. Das Jobcenter steht nicht über dem Datenschutzrecht. Es darf ungeschwärzte Auszüge nur anfordern, wenn:

  • ein konkreter Verdacht auf Leistungsbetrug besteht, oder
  • sich wesentliche Angaben auf den geschwärzten Stellen befinden, die für die Leistungsbewilligung relevant sind (z. B. wenn Sie versehentlich eine Einnahme geschwärzt haben).

Eine pauschale Forderung nach vollständiger Transparenz ist unzulässig.

Praktische Tipps für Antragsteller

  • Schwärzen Sie nur personenbezogene Daten, die Rückschlüsse auf besonders geschützte Bereiche (Art. 9 DSGVO) zulassen.
  • Lassen Sie Beträge, Daten und Einnahmen immer sichtbar.
  • Fertigen Sie geschwärzte Kopien an, niemals Originale.
  • Bewahren Sie eine ungeschwärzte Kopie für Ihre Unterlagen auf.
  • Fordert das Jobcenter ungeschwärzte Auszüge, verweisen Sie auf Art. 9 DSGVO und das BSG-Urteil B 14 AS 45/07 R.

FAQ: Häufige Fragen zur Schwärzung von Kontoauszügen

Für welchen Zeitraum muss ich Kontoauszüge vorlegen?

In der Regel die letzten drei Monate. Bei besonderen Umständen (z. B. konkretem Verdacht auf nicht angegebene Einnahmen) kann das Jobcenter auch einen längeren Zeitraum verlangen.

Darf ich den Namen des Vermieters oder des Stromanbieters schwärzen?

Nein, diese Zahlungen sind leistungsrelevant, da sie zur Überprüfung Ihrer Kosten der Unterkunft und Heizung dienen. Name, Betrag und Zweck müssen sichtbar bleiben.

Was passiert, wenn ich zu viel auf dem Kontoauszug schwärze?

Das Jobcenter wird die Unterlagen zurückweisen und Sie schriftlich zur Nachreichung auffordern. Es droht in diesem Fall aber keine Sanktion, solange Sie bereit sind, zulässige Nachweise umgehend nachzureichen.

Darf das Jobcenter ungeschwärzte Kontoauszüge verlangen?

Nein, es sei denn, es liegt ein begründeter Verdacht auf Leistungsbetrug vor oder die Schwärzung betrifft leistungsrelevante Beträge oder Einnahmen. Eine pauschale Forderung nach lückenlosen Kontoauszügen ist unzulässig.

Darf ich Zahlungen an Streaming-Dienste (z. B. Netflix) schwärzen?

Nein. Diese Ausgaben betreffen keinen der besonders geschützten Bereiche nach Art. 9 DSGVO (wie Religion, Politik, Gesundheit). Die Verwendungszwecke müssen daher offengelegt werden.

Was mache ich, wenn das Jobcenter meine geschwärzten Kontoauszüge nicht akzeptiert?

Bitten Sie um eine schriftliche Begründung und verweisen Sie auf das BSG-Urteil B 14 AS 45/07 R und Art. 9 DSGVO. Wenden Sie sich im Zweifel an den Datenschutzbeauftragten Ihres Bundeslandes.

Wie lange speichert das Jobcenter meine Kontoauszüge?

Das Jobcenter darf leistungsrelevante Kontoauszüge bis zu zehn Jahre lang speichern, selbst nachdem der Bürgergeld-Bezug beendet wurde. Dies dient der nachträglichen Betrugsprüfung.

So lange bleiben Kontoauszüge beim Jobcenter gespeichert

Fazit

Das Schwärzen von Kontoauszügen beim Bürgergeld ist rechtlich zulässig und sinnvoll, um persönliche Daten zu schützen. Solange Sie nur sensible Bereiche schwärzen – und Beträge sowie leistungsrelevante Zahlungen lesbar bleiben – verletzen Sie weder Ihre Mitwirkungspflichten noch gefährden Sie Ihren Leistungsanspruch. Wer seine Rechte kennt und korrekt handelt, bewahrt also seine Privatsphäre – ohne Ärger mit der Behörde.