Bundeskanzler Friedrich Merz will die Reform des Bürgergeldes persönlich führen – nicht im Arbeitsministerium erarbeiten lassen, sondern direkt auf Ebene der Koalitionsspitzen. Wörtlich: „Ich überlasse das nicht dem Arbeitsministerium oder anderen Stellen in der Regierung.“ Er kündigte dafür einen Top-Down-Ansatz an: Erst politische Einigung „bis hart an die Gesetzessprache“, dann Umsetzung durch die Ressorts.
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Begründung: Kosten und Arbeitsanreize
Merz verband die Chefsache-Ansage mit einer grundsätzlichen Kritik am Status quo: Das System koste „jetzt 50 Milliarden Euro“. Ziel der Reform sei, spürbar Geld zu sparen und gleichzeitig die Botschaft zu senden: Arbeiten muss sich lohnen. Das Vorgehen sei bewusst unüblich – gerade deshalb solle früh festgeschrieben werden, worüber politisch Einigkeit besteht, um spätere Verwässerungen zu erschweren.
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Wirtschaftslage: „Es ist eine Minute nach zwölf“
In seiner Standort-Analyse zeichnete Merz ein Dringlichkeitsbild: „Es ist nicht fünf vor zwölf, es ist eine Minute nach zwölf.“ Deutschland sei im Kosten- und Geschwindigkeitsvergleich zu langsam und zu teuer; Wettbewerber in den USA und Asien produzierten günstiger. Er drängt daher auf schnelle Entscheidungen zu steuerlichen Entlastungen, niedrigeren Energiepreisen und Bürokratieabbau.
EU-Block: Weniger Auflagen, mehr Einfluss
Über den nationalen Rahmen hinaus kündigte Merz an, stärker aus dem Europäischen Rat heraus auf die Agenda zu wirken. Als Beispiele nannte er die CSRD-Berichtspflichten sowie die ab 2035 geplante Emissionsfrei-Vorgabe für Neuwagen. Ein Verbot von Range-Extendern dürfe es nicht geben. Parallel stellte er in Aussicht, in Deutschland innerhalb von rund eineinhalb Jahren 25 % der Vorschriften abzubauen.
Politischer Kontext: SPD-Ressort bleibt nicht federführend
Die Reform ist zwischen Union und SPD grundsätzlich verabredet. Mit der Chefsache-Ansage bindet Merz das Thema jedoch an die Koalitionsspitze – nicht primär an das SPD-geführte Arbeitsministerium. Begleitend verwies er auf schwierige Gespräche mit der SPD und deren historische Bürde aus der Agenda-2010/Hartz-IV-Debatte. SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas hatte zuletzt härteres Vorgehen gegen Arbeitsverweigerer angekündigt.
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Nächste Schritte
Konkrete Regelungen oder ein Zeitplan wurden beim VCI-Auftritt nicht präsentiert. Nach Merz’ Schema folgt nun: politischer Rahmen auf Spitzenebene, anschließend Ressort- und Verbändeabstimmung. Anspruch ist, zentrale Streitpunkte vorab politisch zu binden, um die Erfolgschancen der Reform zu erhöhen.
„Wir lassen es nicht auf der Fachebene, sondern wir diskutieren es auf der politischen Ebene und machen einen Top-Down-Ansatz.“

