Rein rechtlich ist eine kostenlose Mahlzeit, die der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern zur Verfügung stellt, eine „Einnahme in Geldeswert“. Ob man sie in Anspruch nimmt oder nicht, ist laut Urteil des Bundessozialgerichtes unerheblich. Für sogenannte Aufstocker bedeutet das: Den Gegenwert von Suppe, Schnitzel & Co. darf das Jobcenter als Einkommen beim Bürgergeld anrechnen.
Mahlzeit als Einkommen
Der traurige Fall: Ein Berliner Kellner arbeitete Vollzeit im Schichtdienst. Das Gehalt reichte jedoch nicht für den Lebensunterhalt von ihm, seiner Frau und den drei Kindern, von denen eines behindert ist. Daher erhielt er Unterstützung nach dem SGB II oder einfacher ausgedrückt: Der Mann musste mit Bürgergeld aufstocken, um finanziell über die Runden zu kommen.
Bürgergeld trotz Job: Mindestlohn schlicht zu niedrig
Der Arbeitsvertrag des Mannes sah vor, dass er werktags eine kostenlose Mahlzeit sowie ein Gratis-Getränke erhält. Das zuständige Jobcenter wertete diese Sachleistungen als „mindernd anzurechnendes Einkommen“. Konkret ging es um 30,18 Euro pro Monat, die leistungsmindernd angerechnet wurden. Dagegen klagte der Kellner, weil er die Mahlzeiten nicht beanspruchte.
Verzicht irrelevant
Vor Gericht argumentierte der Kläger, dass er lieber mit seiner Familie esse. Weil seine Tochter behindert sei, verbringe er lieber Zeit mit ihr. Im Urteil wird der Mann zitiert: „Ein tatsächlicher Zufluss des Sachbezugs sei mithin nicht gegeben.“ Das sahen sowohl das Sozialgericht Berlin (S 37 AS 10338/17) als das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 34 AS 801/19) anders.
Auch die Revision vor dem Bundessozialgericht ergab: Das Vorgehen des Jobcenters, die Verpflegung auf das Bürgergeld anzurechnen war rechtens (B 4 AS 83/20 R). Der Sachbezug sei vom Arbeitgeber bereitgestellt worden und die Leistung in Form der Mahlzeit verfügbar gewesen. „Ob die Möglichkeit einer Inanspruchnahme auch tatsächlich realisiert wird“, sei dabei nicht relevant. Die einzige Option, die das Bundessozialgericht für den Kellner sah: Der Arbeitsvertrag müsste geändert werden.