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Kabinettsbeschluss: Bürgergeld-Stopp für Ukrainer ab April 2025

Demonstration mit Ukraine Flaggen in Berlin Siegestor

Jetzt ist es offiziell: Am 19. November 2025 hat das Bundeskabinett den Bürgergeld-Zugang für seit dem 1. April 2025 neu eingereiste Ukrainer gekappt. Künftig greift für Neuzugänge das Asylbewerberleistungsgesetz – mit niedrigeren Regelsätzen und einem Zuständigkeitswechsel von den Jobcentern zu den Sozialämtern.

Was genau beschlossen wurde

Der Regierungsentwurf (Leistungsrechtsanpassungsgesetz) ordnet Ukrainer mit Schutz nach § 24 Aufenthaltsgesetz, deren Titel oder Fiktionsbescheinigung erstmals nach dem 31. März 2025 erteilt wurde, dem AsylbLG zu. Der Arbeitsmarktzugang bleibt bestehen. Gleichzeitig wird klargestellt: Wer vor dem Stichtag bereits eine entsprechende Fiktionsbescheinigung oder einen anderen Aufenthaltstitel hatte, bleibt im bisherigen System.

Übergänge und Inkrafttreten

Wichtig für die Praxis: Es gibt zwei Zeitpunkte.

– Ab dem Tag nach der Verkündung: Die GKV‑Regelungen treten in Kraft. Freiwillige GKV‑Mitgliedschaften enden kraft Gesetzes. Die Behörden dürfen den erforderlichen Datenabgleich zur Vorbereitung des Rechtskreiswechsels starten.

– Ab dem ersten Tag des dritten Monats nach der Verkündung: Der Rechtskreiswechsel greift. Erst dann erfolgt der Wechsel in das AsylbLG – sofern keine Übergangsbewilligung mehr läuft.

Jobcenter stoppt Bürgergeld: was passiert mit der Krankenversicherung?

Für Fälle, in denen seit dem Stichtag vor Inkrafttreten noch SGB‑II‑ oder SGB‑XII‑Leistungen bewilligt wurden, gilt eine Übergangsphase: Diese laufen bis zum Ende des Bewilligungszeitraums weiter – längstens drei Monate nach Inkrafttreten. Begonnene medizinische Behandlungen, die über §§ 4/6 AsylbLG hinausgehen, sind weiter zu gewähren. Bereits bewilligte Integrations- und Berufssprachkurse sowie Eingliederungsleistungen laufen weiter – die vertragliche Abwicklung und Abrechnung verbleibt beim Jobcenter.

Vermögen: 200-Euro-Schutz statt Karenzzeit

Im AsylbLG sind in der Regel nur 200 € je Person als Schonvermögen geschützt. Im Bürgergeld gelten in der Karenzzeit hohe Freibeträge – 40.000 € für die erste Person plus 15.000 € je weitere Person. Nach der Karenzzeit 15.000 € je Person. Für Betroffene mit Ersparnissen ist das der härteste Einschnitt.

VermögenBürgergeld (SGB II)AsylbLG
Schonvermögen40.000 € + 15.000 € (Karenzzeit), danach 15.000 € je Person200 € je Person

Neue Pflichten und Besonderheiten

Neu ist eine Pflicht zu Eigenbemühungen um Arbeit für arbeitsfähige, nicht erwerbstätige Leistungsberechtigte im AsylbLG. Bei fehlenden Bemühungen können Arbeitsgelegenheiten (80-Cent-Jobs) auferlegt werden. Zudem werden freiwillige GKV-Mitgliedschaften, die seit dem BSG-Urteil (Az.: B 1 KR 30/20 R) vom 10. März 2022 per obligatorischer Anschlussversicherung entstanden sind, für Anspruchsberechtigte nach dem AsylbLG beendet – um Beitragsschulden zu vermeiden. Krankenkassen sollen Schulden regelmäßig erlassen.

Für Personen mit vorübergehendem Schutz in einem anderen EU‑Staat sind künftig nur noch Überbrückungsleistungen vorgesehen (Sekundärmigration). Behörden dürfen zur Vorbereitung des Rechtskreiswechsels erforderliche Daten zwischen Verkündung und Inkrafttreten übermitteln.

Kosten und Ausblick

Der Bund erwartet ab 2026 Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich (ca. 680 Mio. Euro) beim Bürgergeld, während auf Länder und Kommunen im AsylbLG Mehrkosten und ein erhöhter Verwaltungsaufwand zukommen. Ein pauschaler Kostenausgleich des Bundes ist vorgesehen.

Der Entwurf geht nun durch Bundestag und Bundesrat. Da das Gesetz zustimmungsbedürftig ist, sind Verzögerungen möglich, substanzielle Änderungen an Stichtag und Rechtskreiswechsel sind angesichts der Koalitionslinie unwahrscheinlich. Nachschärfungen sind bei Übergangs- und Ausführungsdetails denkbar – etwa zur Fortführung laufender Behandlungen, zur Datenübermittlung oder zur Ausgestaltung der Eigenbemühungspflicht. Experten erwarten zudem Debatten zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Rückwirkung.

Quelle: BMAS-Regierungsentwurf (PDF)