Zum zweiten Mal Hartz IV und unangemessene KdU

  • Ich bezog erstmals bis 30.11.2010 Hartz IV und bekam dabei die ersten 6 Monate die Kosten für eine unangemessene zu große Wohnung bezahlt bei gleichzeitiger Aufforderung, mir eine angemessene Wohnung zu suchen. Ich wechselte meine Wohnung aber nicht und bezahlte nach Ablauf dieser 6 Monate die Differenz selbst drauf.

    Vom 01.12.2010 bis 31.12.2011 war ich 13 Monate voll berufstätig und hatte mit Hartz IV nichts mehr zu tun. Anschließend bis 30.06.2012 6 Monate AlG I von der Arbeitsagentur und nun seit 01.07.2012 leider wieder Hartz IV.

    Nun verweigert mir das Jobcenter erneute 6 Monate unangemessene KdU mit dem Hinweis, dass ich bereits einmal diese 6 Monate ausgeschöpft hätte.

    Weiß jemand Rat und gibt es dazu irgendwo entsprechende Regelungen nachzulesen ?

    Es kann doch nicht sein, dass man sich neuerdings eine "Hartz-IV-gerechte" Wohnung bereits dann suchen muss, wenn man in einem gut bezahlten und ungekündigten Arbeitsverhältnis steht.

  • Hallo,

    Du hattest nach Deiner Aussage bereits die Aufforderung zur Kostensenkung mit der 6-Monate-Regelung, wußtest also, daß Deine Miete nicht als angemessene Kosten der Unterkunft anerkannt wird, sofern Du wieder in den ALG-II-Bezug gerätst (insofern kann man auch nicht von "neuerdings" reden). Damit aber ist die 6-Monate-Regelung abgelaufen, da Du Dich in der Zwischenzeit mit diesem Wissen durchaus eine kostengünstigere Wohnung suchen hättest können (zumindest nach Logik des Gesetzgebers). Irgendwie hat das auch irgendwo einen Sinn: ich könnte mir anosnsten immer kurz vor Ablauf der 6-Monate-Frist einen Job meinetwegen für 1 Monat, 1 Quartal oder 1 Jahr suchen und darauf bauen, wieder 6 Monate die tatsächliche Miete zu bekommen. Und da gibt es in meiner Praxis Fälle, wo es um 1.000 € und mehr Miete bei einer Person geht.

    Kurzum: das Verhalten des Jobcenters ist von der Sache her legitim und rechtens.

    Gruß!

  • Hallo Hoppel,

    zuerst mal vielen Dank für die sehr schnelle und ausführliche Antwort auf meine Frage!

    Daraus ergeben sich aber zwei weitere Fragen:

    1. Ist jeder voll im Berufsleben stehende "Ex-Hartz-IV-ler" zeitlebens verpflichtet, in einer Hartz-IV-gerechten Wohnung zu leben, weil ihn dieses Schicksal ja irgendwann wieder ereilen könnte ? ...das deckt sich nach meinem Rechtsempfinden nicht mit "vor dem Gesetz sind alle gleich"!

    2. Von welcher Rechtsvorschrift leitet das Jobcenter diese Einschränkung ab ? ...Gesetz, Durchführungsverordnung, Richtlinie, Rechtsprechung etc. ?

    Gruß, Nelson

  • Aus § 22 Abs. 1 SGB II geht nicht hervor, dass man nur ein einziges Mal im Leben das Anrecht auf diese 6 Monate "Schonfrist" hat.

    Zwischen meinem letzten Bezug von AlG II und dem neuerlichen Bezug von AlG II liegen ganze 19 Monate ohne AlG II, da ich 13 Monate beschäftigt war und anschließend 6 Monate AlG I bezog.

    Wo steht geschrieben, dass in diesem Fall keine erneute "Schonfrist" möglich wäre ?

  • Hallo,

    Auch Gesetze muß man lesen können.

    Aus dem zitierten § geht hervor,

    Zitat

    Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

    Betonung hierbei liegt auf das Wort "längstens". Das ist eine absolute Frist - es steht nirgendwo in dem Gesetz, daß es Ausnahmen durch z.B. zwischenzeitliche Arbeitsaufnahme gibt (was ja auch Sinn macht - siehe meinen ersten Beitrag).

    Diese Frist hast Du offensichtlich "aufgebraucht", also in Anspruch genommen und hast also für mehrere Monate bereits die (laut Kommune) nicht angemessenen Kosten der Unterkunft bekommen.

    Was ist also das Problem? Verlangst Du, daß das Jobcenter nun erneut eine (zumindest laut Kommune) überteuerte Wohnung bezahlen soll, nachdem es bereits ein halbes Jahr die Differenz zwischen angemessener und tatsächlicher Miete gezahlt hat?

    Zitat

    Wo steht geschrieben, dass in diesem Fall keine erneute "Schonfrist" möglich wäre ?

    Siehe meinen ersten und auch den jetzigen Beitrag.

    Gruß!

  • Naja, ganz so einfach ist die Rechtslage sicher nicht. Was wäre zB, wenn jemand nach 10 oder 20 Jahren Arbeit erneut in die missliche Situation käme, AlG II beantragen zu müssen. Gäbe es dann auch keine erneute "Schonfrist" von 6 Monaten ?

    Muss man nach einmaliger Inanspruchnahme dieser Schonfrist für den Rest seines Lebens in einer AlG II entsprechenden Wohnung leben, weil ja irgendwann mal Arbeitslosigkeit drohen könnte ?

    Ich werde diese Sache per Widerspruch und notfalls vom Sozialgericht klären lassen ...und über das Ergebnis hier natürlich berichten!

  • Hallo,

    Zitat

    Naja, ganz so einfach ist die Rechtslage sicher nicht.

    Doch, ist sie. Im Gesetz steht etwas von einer Schonfrist von 6 Monaten, nichts aber davon, daß diese Schonfrist bei Leistungsunterbrechung immer wieder neu beginnt. So einfach ist das - und solange es kein höchstrichterliches Urteil dazu gibt, wird es von den Jobcentern bundesweit so gehandhabt.

    Die Argumentation von Dir ist zwar menschlich verständlich, hat jedoch vor Gericht kaum Bestand: hier wird über den IST-Zustand verhandelt und nicht über eine Fiktion. Aber ich drücke Dir dennoch natürlich den Daumen.

    Gruß!

  • Ich kann hier keine "Leistungsunterbrechung" bei einem Leistungsbezug erkennen. Der erste Leistungsbezug mit "Schonfrist" war der eine Verwaltungsakt. Nach Ende dieses Leistungsbezugs hatte ich 19 Monate lang keinerlei "Rechtsbeziehung" mit der früheren ARGE bzw mit dem heutigen Jobcenter.

    Der nun neue Verwaltungsakt hat mit dem alten absolut nichts zu tun und ist eine Sache für sich, die davon völlig unabhängig neu zu bewerten ist. Irgendwelche "Vorbelastungen" können dabei nach meinem Rechtsverständnis keine Rolle spielen.

    Naja, wie auch immer ...ich danke Dir für´s "Daumen drücken"!

  • Hallo,

    sehe ich anders, aber es ist müßig, darüber zu diskutieren.

    Zitat

    Ich kann hier keine "Leistungsunterbrechung" bei einem Leistungsbezug erkennen.

    Auch falsch. Erst ab 24 Monate Zwischenzeit handelt es sich um eine Neubeantragung, bei Dir mit den 19 Monaten ist es durchaus eine Leistungsunterbrechung. Zwar ändert das nichts an dem eigentlichen Problem, verdeutlicht Dir aber vielleicht, daß es sich um eine etwas kompliziertere Sachlage handelt als Du denkst - weswegen ich zumindest bei einer höheren Instanz als dem SG eher schwarz sehe.

    Gruß!

  • Erst ab 24 Monate Zwischenzeit handelt es sich um eine Neubeantragung, bei Dir mit den 19 Monaten ist es durchaus eine Leistungsunterbrechung.

    Hier scheint der Schlüssel zu liegen. Wer hat diese 24 Monate "Karenzzeit" festgelegt und wo ist dies nachzulesen ?

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!