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Bürgergeld Rückforderung bei Verschweigen von Vermögen zulässig

Richter mit Richterhammer auf Schreibtisch

Das Verschweigen von Vermögen bei der Antragstellung auf Hartz IV bzw. Bürgergeld kann zu einer Rücknahme nach § 45 SGB X der Bewilligung der Leistungen führen.

In einem aktuellen Fall hatte das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen am 20. April 2023 unter dem Aktenzeichen L 11 AS 221/22 über eine Berufung zu entscheiden, nachdem bereits das Sozialgericht Lüneburg zugunsten des Jobcenters entschieden hatte.

Sachverhalt

Die Klägerin, die seit August 2006 geschieden ist, bezog seit April 2013 durchgängig Hartz IV Leistungen vom Jobcenter im Landkreis Celle. Bei der erstmaligen Beantragung dieser Leistungen im Februar 2013 verfügte sie über zwei kapitalbildende Lebensversicherungen, welche sie jedoch nicht im Antrag angab – auch nicht in den darauffolgenden Weiterbewilligungsanträgen. Für den Bewilligungszeitraum vom 1. Juni 2018 bis 31. Juli 2019 gewährte ihr das Jobcenter Celle monatliche Hartz IV Leistungen zwischen 844,24 und 956 Euro.

Das Jobcenter erlangte erstmalig Kenntnis von dem vorhandenem Vermögen, als der geschiedene Ehemann der Antragstellerin im Juni 2019 ein Schreiben an den Leistungsträger verfasste, in dem er Ansprüche auf die Hälfte der Versicherungsleistungen begehrte. Daraufhin wurde die Antragstellerin im September vom Jobcenter zum Sachverhalt und der als Konsequenz des zu hohen Vermögens zur beabsichtigten Rücknahme der Leistungsgewährung sowie der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs in Höhe von 14.887,30 Euro angehört – in Folge dessen forderte das Jobcenter die bewilligten Leistungen zurück. Weder der Widerspruch gegen den Bescheid noch die Klage vor dem Sozialgericht Lüneburg brachten ein anderes Ergebnis.  

Die Klägerin argumentierte, sie hätte die Existenz der Versicherungen nicht vorsätzlich verschwiegen. Sie behauptete, dass sie bisher keine Kenntnis über die Versicherungsverträge hatte und unmittelbar nach Kenntniserlangung über die Versicherungen das Jobcenter informiert habe. Die Lebensversicherungen seien von ihrem geschiedenen Ehemann zugunsten der Klägerin abgeschlossen worden, der auch alle Beiträge zahlte. Dabei berief sich die Frau auf eine schriftliche Erklärung ihres geschiedenen Ehemanns, der angab, bestimmte Lebensversicherungsunterlagen vor 2006 vernichtet zu haben. Im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung wurde jedoch ermittelt, dass die Klägerin die Verträge sowohl persönlich unterschrieben als auch die jährlichen Stand-/Überschussmitteilungen der beiden Lebensversicherungen erhalten und abgeheftet hatte.

Damit kamen die Sozialrichter zu dem Schluss, dass die Frau im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01. Juni 2018 bis 31. Juli 2019 durchgängig nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II war. Der Rückkaufswert ihrer beiden Kapitallebensversicherungen betrug 15.821,09 Euro – zusammen mit ihrem Barvermögen kam die Klägerin auf eine Gesamtsumme von 21.773,39 Euro – und damit 12.173,39 Euro über dem ihr zustehenden Vermögensfreibetrag von 9.600 Euro lag.

Einen Vertrauensschutz gegen die Rücknahme der Bewilligung könne die Klägerin nicht gelten machen, da sie – so das Gericht – das Vorhandensein von Vermögen wahrheitswidrig verschwiegen habe.

Die beiden Kapitallebensversicherungen der Klägerin fielen auch nicht unter den Freibetrag für Altersvorsorge, da sie nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit war. Es gab auch keinen Verwertungsausschluss für diese Versicherungen bis zum 11. Juli 2019, so dass sie jederzeit zum Rückkaufswert darauf zurückgreifen konnte.

Das Landessozialgericht wies die Berufung zurück und entschied, dass die Klägerin die ihr gewährten Hartz IV Leistungen im streitigen Zeitraum in Höhe von 14.649,72 Euro zurückzahlen muss, die sich aus dem Regelsatz, den Kosten für Unterkunft und Heizung sowie der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ergeben.

Eine Revision nicht zugelassen.

Vorinstanz: Sozialgericht Lünerburg vom 06.04.2022 – Az.: S 30 AS 324/20

Bild: Mongta Studio/ shutterstock.com