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Bürgergeld Bezug trotz Aufenthalt in stationärer Einrichtung

Frau isst im Krankenhausbett

Bei Aufenthalt in Krankenhaus, Reha oder gar einem Gefängnis erhalten Patienten, Bewohner bzw. Insassen ein Bett und Vollverpflegung. Doch wird Bürgergeld in Krankenhaus und Co. weitergezahlt und dürfen Kost und Logis indirekt als Einkommen angerechnet werden?

Zahlt das Jobcenter bei Krankenhausaufenthalt weiter?

Ob man bei einem Krankenhausaufenthalt weiterhin Bürgergeld vom Jobcenter erhält, hängt von der Dauer des Verbleibs ab. Grundsätzlich sind Krankenhausaufenthalte (oder andere stationäre Therapien) bis zu einem Zeitraum von sechs Monaten unschädlich (§ 7 Abs. 4 SGB II). Dauert der Krankenhausaufenthalt weniger als sechs Monate, wird Bürgergeld weiterhin gezahlt.

Dauert der Aufenthalt in der stationären Einrichtung länger als sechs Monate, und ist der Patient weiterhin mindestes 15 Stunden wöchentlich weiterhin erwerbstätig, bleibt der Bürgergeld Anspruch weiterhin bestehen.

Für den Fall, dass der Aufenthalt länger als sechs Monate dauert und der Patient ist nicht mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig, entfällt der Bürgergeld Anspruch vollständig. Ist bereits zu Beginn der Therapie bekannt, dass diese voraussichtlich länger als sechs Monate dauern wird, entfällt der Bürgergeld Anspruch mangels Erwerbsfähigkeit bereits ab dem Tag der Unterbringung. In diesem Fall wäre nicht mehr das Jobcenter zuständig sondern das Sozialamt mit der Grundsicherung bei Erwerbsminderung.

Jobcenter muss über stationären Aufenthalt informiert werden

Die Leistungen werden jedoch eingestellt, wenn der Bürgergeld Empfänger nicht erreichbar ist und sich ohne Zustimmung vom Jobcenter und ohne wichtigen Grund außerhalb des näheren Bereiches aufhält (§ 7b SGB II). Als wichtiger Grund wird nach § 7b Abs. 2 Nr. 1 SGB II unter anderem die Teilnahme an einer ärztlich verordneten Maßnahme der medizinischen Vorsorge oder Rehabilitation genannt – also ein aus medizinischen Gründen notwendiger Krankenhausaufenthalt, eine Reha oder eine stationäre Therapie. Einer Zustimmung braucht es so gesehen nicht, allerdings muss das Jobcenter über den Krankenhausaufenthalt oder Reha in Kenntnis gesetzt werden.

Bürgergeld während Reha oder Therapie?

Eine stationäre Reha-Maßnahme oder Therapie ist mit einem Krankenhausaufenthalt gleichzusetzen. Somit gilt hier ebenso: Bürgergeld wird weitergezahlt, wenn der stationäre Aufenthalt voraussichtlich weniger als 6 Monate andauert.

Wird Bürgergeld bei Gefängnisstrafe weitergezahlt?

Nein. Es gilt wieder § 7 Abs. 4 SGB II, welcher besagt, dass bei Aufenthalt in einer stationären Einrichtung keine Leistungen nach SGB II gezahlt werden. Zudem heißt es in dem Abschnitt:

„Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt.“

Ausnahme: Bürgergeld bei Haftunterbrechung wegen Krankenhausaufenthalt

Während einer Haftunterbrechung aus gesundheitlichen Gründen besteht Anspruch auf Bürgergeld. Das entschied das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen und gab damit einem 50-jährigen Gefangenen recht, der für die Zeit einer Bypass-OP und der anschließenden Reha staatliche Leistungen beantragt hatte (LSG Niedersachsen-Bremen, Aktenzeichen L 11 AS 474/17 vom 26. Februar 2019).

Anrechnung von Verpflegung in Krankenhaus, Reha und Co.

In einer stationären Einrichtung erhalten Patienten Vollverpflegung. Die Regelleistungen wurden früher von den Jobcentern regelmäßig um den Wert der dort erhaltenen Verpflegung als Einkommen gekürzt – das Thema hatte auch häufig die Gerichte beschäftigt und landete sogar vor den höchsten deutschen Sozialrichtern beim Bundessozialgericht (Az. B 14 AS 22/07 ER).

Bürgergeld-Verordnung schafft Klarheit

Über Jahre hinweg war die Anrechnung unklar, später dann in der ALG-II Verordnung (Vorgänger der heutigen Bürgergeld-V) teilweise pauschal möglich.

Mittlerweile ist in der Bürgergeld-Verordnung klar definiert, dass eine Verpflegung (unabhängig ob Teil- oder Vollverpflegung) nicht als Einkommen angerechnet wird, so lange es sich nicht um eine vom Arbeitgeber gestellte Verpflegung im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses oder bei selbständiger Tätigkeit handelt. Dort heißt es:

§ 1 Nicht als Einkommen zu berücksichtigende Einnahmen

(1) Außer den in § 11a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genannten Einnahmen sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen:
[…]
11. Verpflegung, die außerhalb der in den §§ 2, 3 und 4 Nummer 4 genannten Einkommensarten bereitgestellt wird,
[…]

§ 1 Bürgergeld-V

Widerspruch erheben oder Überprüfungsantrag stellen

Ihnen wurde ebenfalls das Krankenhausessen oder die Verpflegung in einer Reha etc. als Einkommen angerechnet? Sofern ihre Widerspruchsfrist nicht abgelaufen ist, können Sie mit Bezug auf die Bürgergeld-Verordnung bei ihrem zuständigen Jobcenter Widerspruch erheben. Ist die Widerspruchsfrist abgelaufen, können Sie einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bei ihrem Jobcenter stellen.

Titelbild: pdsci / shutterstock.com